Teil II:
Die Inflationssteuer als Steuer im Rechtssinn
von
Günter Reiner
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Erstveröffentlichung in:
Deutsche Steuer-Zeitung (DStZ), 1999, Heft 21, S. 810-831
Die vorliegende Internet-Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Stollfuß Verlags, Bonn, Berlin.
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Vorwort
Die im nationalen Kontext seit langem geführte Diskussion um die Frage, ob und welche Grenzen sich aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie für die hoheitliche Inflationspolitik ergeben, d.h. welche Inflationsrate verfassungsrechtlich noch zulässig ist, ist im Zusammenhang mit der Teilnahme Deutschlands an der dritten Stufe der EWU und den damit verbundenen Inflationsbefürchtungen wieder aktuell geworden. In seinem Beschluss vom 31.3.1998 hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerden eines ehemaligen Bundesverfassungsrichters und von vier Hochschullehrern gegen das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung im Rahmen des Beschlusses des Europäischen Rates über die Bestätigung der EWU-Teilnehmerstaaten nach Art. 121 IV EGV (= Art. 109j IV EGV a.F.) verworfen.
Das von den Beschwerdeführern vorgebrachte Argument, die Teilnahme Deutschlands an der EWU zum 1.1.1999 verletze die Eigentumsgarantie aus Art. 14 I GG wegen der ihrer Meinung nach von der EWU ausgehenden erheblichen Inflationsgefahr, wird vom vom BVerfG für "offensichtlich unbegründet" erachtet. Das Gericht führt hierzu aus, die Ausgestaltung der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft trage zur "objektiv-rechtlichen" Gewährleistung des Art 14 I GG bei, der Staat könne den Geldwert aber nicht grundrechtlich i.S. eines subjektiven Eigentumschutzes garantieren. Die währungspolitischen Entscheidungen von Legislative und Exekutive könnten nicht nach dem individualisierenden Maßstab eines Grundrechts beurteilt werden und der Geldwert bilde sich im Rahmen der staatlichen Währungshoheit und Finanzpolitik "wesentlich auch durch das Verhalten der Grundrechtsberechtigten selbst, insbesondere über Preise, Löhne, Zinsen, wirtschaftlichen Einschätzungen und Bewertungen."
Ziel des zweiteiligen interdisziplinären Beitrags ist es zu zeigen, dass die bisherige Diskussion zur Frage nach den subjektivrechtlichen Grenzen der Inflation aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie wichtige volkswirtschaftliche Erkenntnisse über Wesen und Effekte der Geldentwertung verkennt und dass sich aus deren Berücksichtigung entscheidende Folgen für den Grundrechtsschutz ergeben.
In Teil I des Beitrags ("Die Inflationssteuer als perfektes Steueräquivalent", DStZ 1999, Heft 20, 764-782) belegt Nikolaus K.A. Läufer aus ökonomischer Sicht, dass eine möglicherweise im Rahmen der EWU auftretende Inflation in voller Höhe als hoheitlich veranlasst zu bewerten wäre, weil die Europäische Zentralbank dank ihres währungspolitischen Instrumentariums noch stärker als früher die Bundesbank dazu in der Lage ist, mittel- und langfristig die von ihr gewünschte Inflationsrate volkswirtschaftlich auch durchzusetzen. Ferner wird dargelegt, dass die Inflation nicht nur zu einer realen Entreicherung der Netto-Inhaber von Geldvermögen führt, sondern gleichzeitig zu einer korrespondierenden Bereicherung des Staates, d.h. zu einem Ressourcentransfer vom Privaten (Bürger) an den Staat. Aus diesen Gründen wird die Inflation aus ökonomischer Sicht seit langem als perfektes Steuersubstitut ("Inflationssteuer") betrachtet.
Ausgehend von diesem volkswirtschaftlichen Befund weist Günter Reiner
aus juristischer Sicht im vorliegenden Teil II ("Die Inflationssteuer
als Steuer im Rechtssinn") nach, dass man die "Inflationssteuer" nicht
nur ökonomisch, sondern in bestimmter Hinsicht auch rechtlich als Steuer
betrachtet werden kann und dass sich die vom BVerfG in seiner Entscheidung
vom 22.6.1995 entwickelten Grundsätze zur Vermögensteuer und Art. 14
GG auf die Inflationssteuer übertragen lassen. Hieraus ergeben sich sehr
konkrete Grenzen für die europäische Inflationspolitik sowie für die
zulässige Zinsbesteuerung. Schließlich wird gezeigt, dass eine Verletzung
des Eigentumsgrundrechts durch die Währungspolitik der EZB unmittelbar
vor dem BVerfG gerügt werden kann.
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Inhaltsverzeichnis (Teil II)
von Dr. jur. Günter Reiner, Juristische Fakultät, Universität
Konstanz
Erstveröffentlichung in DStZ 1999, 810-831 (Heft
21)
Der Staat des Grundgesetzes ist "Steuerstaat".[21] Es gibt eine verfassungsrechtliche Grundentscheidung, die privatnützige Eigentumsordnung durch Verzicht auf eine eigenhändige Staatswirtschaft zu sichern und den Staat deshalb durch Besteuerung privaten Wirtschaftens finanziell auszustatten.[22] Der Steuerstaat wird in Deutschland als verfassungsrechtliches "Rechtspostulat" oder "Rechtsgebot" verstanden, das im GG nicht ausdrücklich gefordert wird, aber verfassungsrechtlich durch die Berufs- und Eigentumsfreiheit, durch die Art. 105 ff. GG sowie durch das Sozialstaatsprinzip vorgezeichnet ist.[23] Diese Vorschriften sehen die "Steuer" als generellen Weg der Staatsfinanzierung vor. Das verfassungsrechtliche Gebot zum Steuerstaat gestattet daneben allerdings auch andere Finanzierungsformen, z.B. nach Art. 110 GG das Erzielen von Gewinnen durch die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Staates oder nach den Art. 105, 106 und 108 GG durch die "Finanzmonopole des Staates".[24] Die Steuer (i.S. des Steuerstaates des GG) hat aber eine "einzigartige Funktion", die ihr einen "bevorzugten Anwendungsbereich" eröffnet (Ferdinand Kirchhof ). Die Bundesrepublik ist "Steuerstaat", weil die sich aus der Besteuerung ergebende Geldleistungspflicht im Bereich der hoheitlichen Einnahmenerzielung grundsätzlich die einzige ist, mit der sich zweckungebundene Mittel gewinnen lassen, die zur Bestreitung der allgemeinen Staatsaufgaben dienen können.[25]
Durch die Eingliederung der BR Deutschland in die supranationale Organisation
der EU wird die Konzeption des "Steuerstaates" nicht grundlegend in Frage
gestellt. Soweit die EU über ein eigenes Budget und eigene Kompetenzen
zur Erhebung von Abgaben im allgemeinen und Steuern im besonderen verfügt,
sind diese nicht originärer, sondern von der Hoheitsgewalt der einzelnen
Mitgliedsstaaten abgeleiteter Natur. Dasselbe gilt auf der Ausgabenseite
für EU-Aufgaben, die mit EU-Abgaben finanziert werden. Bei der Inflationssteuer,
die, wie noch nachzuweisen ist, als Steuer i.S. des Steuerstaates qualifiziert
werden kann und in der EWU bei der EZB, also einem supranationalen Organ,
entsteht, kommt hinzu, dass deren Erträge nach Art. 33.1 ESZB/EZB-Satzung
ohnehin an die Mitgliedsstaaten ausgeschüttet werden, soweit sie nicht
dem allgemeinen Reservefonds (bis zur Obergrenze von 100 % des EZB-Kapitals)
zugeführt werden. Sollte in Zukunft im Rahmen der fortschreitenden Integration
der Bereich der Aufgaben der EU zu Lasten der Mitgliedsstaaten weiter ausgeweitet
und sollten der EU gleichzeitig weitere Kompetenzen zur Erhebung von Abgaben
eingeräumt werden, könnte man höchstens daran denken, den Begriff des
"Steuerstaates" durch denjenigen der "Steuergemeinschaft" zu ergänzen
oder ersetzen. Das ist aber nur eine Geschmacksfrage. Aus grundrechtlicher
Sicht ändert sich dadurch nichts, weil auch die gemeinschaftliche Steuergewalt
dem Staat zugerechnet und am Maßstab des GG beurteilt wird.[26]
Im Schrifttum ist der Begriff der Steuer i.S. des Steuerstaates bisher
nur vereinzelt Gegenstand einer weitergehenden Untersuchung gewesen. Nach
Klaus
Vogel ergibt sich, was "Steuern" im Steuerstaat sind, aus der Funktion
dieses Begriffs im System des Steuerstaats:[27]
Es seien "Geldleistungen, die der Staat und seine Untergliederungen zur
Deckung ihres Finanzbedarfs (auch zur Wiederausteilung) von privaten Wirtschaftssubjekten"
erhebten und für die diese "keine andere Gegenleistung" erhielten als
die, dass der Ertrag "zur Erfüllung staatlicher Aufgaben" verwendet werde.
Der Begriff stimme damit "im wesentlichen" mit dem überein, was Verfassungsrecht
und Steuerrecht, "ihrerseits mit gewissen Unterschieden", unter "Steuern"
verstünden.
Die Unterschiede zum (steuer-)verfassungs- und steuerrechtlichen Steuerbegriff
bestehen nach Vogel darin, dass die Steuer i.S. des Steuerstaats
nur Leistungen erfassen soll, die von "Wirtschaftssubjekten" in ihrer Eigenschaft
als "Wirtschaftssubjekte" erhoben werden.[28]
Damit will der Autor Steuern ausschließen, die vom Wert "privaten nichtwirtschaftlichen
Vermögens" erhoben werden, wobei er auf das Beispiel von Kunstwerken verweist.
Diese Einschränkung dürfte sich damit erklären, dass Vogel den
Steuerstaat als Folge der Trennung von Staat und Wirtschaft begreift.[29]
Logisch zwingend ist dies aber nicht, denn aus der genannten Trennung lässt
sich lediglich ableiten, dass sich der Staat im Wesentlichen in anderer
Weise finanzieren muss als durch Teilnahme an der Erwerbswirtschaft. Es
folgt daraus jedoch nicht, dass der Staat sich seinerseits ausschließlich
aus dem wirtschaftlichen Handeln der Bürger finanzieren dürfte. Zudem
relativiert Vogel seine Einschränkung selbst dadurch, dass er den
Begriff des Wirtschaftssubjekts bzw. der wirtschaftlichen Besteuerungsgrundlage
sehr weit zieht und anscheinend die Besteuerung des Vermögens und insbesondere
des Geldvermögens grundsätzlich vom Begriff der Steuer i.S. der Theorie
des Steuerstaates erfaßt sieht.
Auf der anderen Seite versteht Vogel den Begriff der Steuer
i.S. des Steuerstaates insofern weiter als den formellen Steuerbegriff
des GG und der AO, als er auch Leistungen (wie z.B. Sozialabgaben, Sonderabgaben)
an öffentlich-rechtliche Körperschaften, Sonderfonds etc. einbeziehen
will, die nur einem engeren Personenkreis zugute kommen, also "gruppennützig"
verwendet werden.[30]
Ob dieser Ansicht zuzustimmen ist, hängt nach der hier vertretenen Definition
der Steuer i.S. des Steuerstaats (siehe weiter unten im Text) davon ab,
ob der Abgabenpflicht des Bürgers staatlicherseits gewährte Vorteile
gegenüber stehen, die als (unmittelbar und individuell gewährte) Gegenleistung
und nicht als Erfüllung allgemeiner Staatsaufgaben zu betrachten
sind. Während sich beim Sozialversicherungsschutz trotz der Staffelung
der Beiträge nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip und mit Ausnahme der
sog. "versicherungsfremden Leistungen" entgegen der Ansicht Vogels
die Annahme eines (bedingten) Gegenleistungsanspruchs noch vertreten lässt,
ist dies im Falle der sog. Sonderabgaben zumindest teilweise fraglich.
Denn in Einzelfällen (z.B. Schwerbehindertenabgabe, Fehlbelegungsabgabe)
lässt sich mit guten Gründen vertreten, dass es sich bei der Einnahmenverwendung
in
Wirklichkeit um eine allgemeine hoheitliche Aufgabe handelt. Im vorliegenden
Kontext, wo es ausschließlich um die rechtliche Qualifikation der Inflationssteuer
geht, braucht auf diese Frage allerdings nicht weiter eingegangen zu werden.
Eine aus dem Blickwinkel eines funktionellen Steuerbegriffs unnötige
Einschränkung ist in Vogels Definition das Kriterium der "Leistung"
("Geldleistung"), soweit es i.S. einer bewußten zweckgerichteten Vermehrung
fremden Vermögens verstanden wird. Sicherlich kann nicht jeder rein zufällige
(Geld-) Vermögenstransfer vom Privaten (Bürger) auf den Staat (z.B. die
mißbräuchliche Ausübung einer Einziehungsermächtigung durch eine öffentliche
Behörde) die Voraussetzungen einer Steuer i.S. des Steuerstaates erfüllen.
Entscheidend aus fiskalischer Sicht ist aber nicht, ob der Transfer zweckgerichtet
war, sondern ob er vom Staat behalten werden kann. Abgrenzungskriterium
sollte deshalb nicht die "Leistung", sondern der Zweck der Einnahmenerzielung
sein.
Der vermögensrechtlich maßgebliche Zweck der Einnahmenerzielung
bezieht sich bei der Steuer i.S. des Steuerstaates auf den Vermögenstransfer,
nicht aber auf das staatliche Verhalten, das den Vermögenstransfer
verursacht hat. Dies ergibt sich aus folgender Ãœberlegung: Liegt einem
einseitigen Vermögenstransfer zugunsten des Staates ohne Gegenleistung
des Staates nicht der (von der Rechtsordnung gebilligte) Zweck der
Einnahmenerzielung zugrunde, kann das transferierte Vermögen vom Bürger
unter dem Gesichtspunkt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
als Bereicherung sine causa wieder zurückgefordert werden. Eine
solche Rückforderung der Leistung aber ist mit dem Grundgedanken des Steuerstaates
nicht vereinbar, so dass Steuern notwendigerweise vom Zweck der Einnahmenerzielung
getragen werden müssen.
Demnach sind z.B. rückzahlbare zinslose Abgaben (z.B. Zwangsanleihen)
als Steuern i.S. des Steuerstaates zu qualifizieren, weil sie zu einem
endgültigen Transfer zwar nicht des Darlehensbetrags, aber des Zeitwertes
des Geldes führen. Das Geld, das der Abgabenpflichtige hingibt, ist -
bei gleichem Nennbetrag - mehr wert als der Anspruch auf Rückzahlung,
den er gleichzeitig erhält. Dies ist eine Folge der Tatsache, dass die
Gewährung der Nutzung von Geld auf dem Markt üblicherweise verzinst wird,
was u.a. eine Folge der von den Marktteilnehmern erwarteten Inflation ist.
Dieser Gesichtspunkt wird vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 6.11.1984[31]
übersehen, wo das Gericht zum (einheitlichen) formellen Steuerbegriff
des Art. 106 f. GG, § 3 I AO Stellung bezieht, der gleichermaßen die
Absicht der endgültigen Erzielung von Einnahmen voraussetzen soll.[32]
Bezeichnenderweise korrigiert das BVerfG in der genannten Entscheidung
im Ergebnis seinen Fehler, indem es trotz Verneinung der Steuereigenschaft
vom Eingriffscharakter der Investitionshilfeabgabe ausgeht und einen
Verstoß gegen Art. 2 I GG feststellt.
Der Zweck der Einnahmenerzielung braucht nicht der einzige Zweck des
Vermögenstransfers auf den Staat zu sein. Es genügt, wenn der Staat primär
andere Ziele, z.B. Lenkungsziele, verfolgt. Für Steuern im formellen Sinne
des § 3 I AO wird dies ausdrücklich anerkannt.[33]
Für die Annahme einer Steuer i.S. des Steuerstaates ist es entsprechend dem funktionellen Verständnis dieses Begriffs nicht erforderlich, dass der Ressourcentransfer vom Staat im Wege einer Anordnung (Verwaltungsakt) auferlegt wird. Der rein faktische Entzug des Geldes reicht aus.[34] Die Kriterien der Gleichmäßigkeit und die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung sind bei der Steuer i.S. des Steuerstaates ebensowenig wie bei den Steuern im formellen Sinne Bestandteil des Steuerbegriffs.[35] Der Steuerbegriff des Steuerstaates bezeichnet eine Finanzierungsart des Staates im rein tatsächlichen Bereich, ohne eine Aussage über die Rechtmäßigkeit dieser Finanzierung zu treffen.[36]
Steuern i.S. des Steuerstaates sind somit unmittelbare Geldtransfers
(in Abgrenzung zum Transfer von Waren oder Diensten bei Naturalabgaben)
von den Bürgern an den Staat (bzw. an eine vom Staat abgeleitete, zB supranationale
Einrichtung), die Letzterer in Ausübung seiner Hoheitsgewalt
zur
Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben, dh. zur Erzielung von zweckungebundenen
Einnahmen veranlasst und denen keine unmittelbare und individuelle
Gegenleistung
des Staats an die betroffenen Bürger gegenübersteht (Abgrenzung zu Vorzugslasten).
Demnach deckt der Begriff der Steuern i.S. des Steuerstaates den Bereich
der herkömmlichen Steuern im formellen Sinne des § 3 I AO ab, geht aber
über diesen hinaus.
Im folgenden soll nachgewiesen werden, dass sich die Inflationssteuer
unter die genannten Tatbestandsmerkmale der Steuer i.S. des Steuerstaates
subsumieren lassen. Während die fehlende Gegenleistung bei der Inflationssteuer
unproblematisch ist, erfordern die übrigen Merkmale eine genauere Betrachtung.
Die aus der Währungshoheit erwachsende volkswirtschaftliche Verantwortung der EU für die Inflationssteuer gebietet es, letztere als Ausfluss der europäischen Hoheitsgewalt zu betrachten.[49] Die Anwendung der europäischen Hoheitsgewalt im Hoheitsgebiet der BR Deutschland bezieht allerdings ihre alleinige Rechtfertigung aus dem entsprechenden Anwendungsbefehl im deutschen Zustimmungsgesetz zum Vertrag über die Europäische Union auf der Grundlage des Art. 88 S. 2 GG.[50] Daher ist die im Rahmen der Währungsunion von den durch Art. 14 GG geschützten[51] Inhabern von Außengeldbeständen an Euro erhobene Inflationssteuer als von der deutschen Hoheitsgewalt veranlaßter Geldtransfer und damit als Steuer i.S. des deutschen Steuerstaates zu betrachten, und zwar unabhängig davon, welcher Anteil an der Inflationssteuer im Rahmen des europarechtlichen Schlüssels zur Verteilung der Zentralbankgewinne tatsächlich der Bundesrepublik zugute kommt (Art. 33 ESZB/EZB-Satzung). Denn Inflationssteuergewinne aus Geldvermögen deutscher Bürger, die als Folge der Gewinnverteilung anderen Mitgliedsstaaten der EU zugute kommen, sind insofern nicht anders zu behandeln als herkömmliche Steuereinnahmen des deutschen Fiskus, die über den Umweg von Beitragsleistungen des deutschen Staates an die EU an andere Mitgliedsstaaten transferiert werden.
Für die Charakterisierung der Inflation als Steuer i.S. des Steuerstaates
ist es nicht erforderlich, dass der Ressourcentransfer vom Staat im Wege
einer Anordnung (Verwaltungsakt) auferlegt wird. Dies ist bereits oben
ausgeführt worden.[52]
Der rein faktische Entzug des Geldes reicht aus. Der Ressourcentransfer
bei Inflation beruht auf einem nicht rechtlichen, sondern faktischen Abgabenzwang,
der sich von selbst vollstreckt und deshalb keines Rechtsbefehls in Form
einer vollstreckbaren rechtlichen Verpflichtung bedarf.
Es stellt sich deshalb die Frage, ob man aus verfassungsrechtlichen
Gründen für die Rechtmäßigkeit der Inflationssteuer unter der
EWU verlangen muss, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber
(Bundestag und Bundesrat bzw. auf europäischer Ebene das Europäische
Parlament) Steuergut (Steuerbasis) und Steuersatz der zu erhebenden Inflationssteuer
im voraus (für eine bestimmte oder unbestimmte Zeitdauer) festlegt.
Das Steuergut ist bei der Inflationssteuer bereits ohne gesetzliche
Anordnung allein aufgrund volkswirtschaftlicher Gesetzmäßigkeiten insofern
vorgegeben, als speziell die (Netto-) Außengeldbestände besteuert werden.[63]
Was den zukünftigen, von der EZB anzuvisierenden, zumindest nicht
zu überschreitenden Inflationssteuersatz (= Inflationsrate minus eines
Sicherheitsabschlags von 2 %)[64]
angeht, kann man, nimmt man das Wesentlichkeitsprinzip ernst, auf eine
Festlegung des zulässigen Rahmens der zur (faktischen) Erhebung von Inflationssteuern
führenden hoheitlichen Inflationspolitik durch einen demokratisch legitimierten
Gesetzgeber jedoch nicht verzichten. Eine diesen Anforderungen genügende
gesetzliche Festlegung dieser Art existiert bereits. Denn sowohl das deutsche
Verfassungsrecht (Art. 88 S. 2 GG) als auch das über das deutsche Zustimmungsgesetz
zum Maastrichter Vertrag in Deutschland anwendbare europäische Primärrecht
(Art. 2 EGV: Verpflichtung der Gemeinschaft auf "nichtinflationäres Wachstum",
Art. 105 I 1 EGV: "vorrangiges Ziel des ESZB" der "Preisstabilität") sehen
die uneingeschränkte Verpflichtung von ESZB/EZB auf das Ziel der Preisstabilität
vor. Der Begriff der Preisstabilität aber ist jeweils i.S. von "Null"-Inflation
auszulegen.[65]
Mangels praktischer Relevanz nicht mehr erörtert zu werden braucht
im vorliegenden Zusammenhang die Frage, ob bereits bisher für den nationalen
Währungsraum der DM der Stabilitätsrahmen, wie er durch Art. 88 S. 1
GG ("Währungs- und Notenbank"), möglicherweise in Verbindung mit
einer analogen Anwendung des Art. 109 II GG auf die Währungspolitik[66],
sowie durch § 3 BBankG (die Aufgabe der Bundesbank, "die Währung zu sichern")
geprägt war, den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie genügten.
Festgehalten werden kann jedenfalls, dass sich für alle Steuern i.S.
des Steuerstaates ein einheitlicher Abwägungsmechanismus ergibt, dessen
Ergebnis allein von der Schwere des Eingriffs, d.h. von der Höhe der Steuer
abhängt. Die sich hieraus ergebenden (einheitlichen) grundrechtlichen
Schranken müssen aus der Teleologie des Steuerstaates abgeleitet werden.[76]
Der Schlussfolgerung von der Einheitlichkeit der Schranken der Besteuerung
entspricht die Einsicht, dass sich der Steuerstaat seinen "steuerstaatlichen
Kautelen" nicht dadurch entziehen kann, dass er seine Finanzlasten von
den herkömmlichen Steuern auf andere Transfermechanismen wie etwa die
Inflationssteuer abwälzt.[77]
Im weiteren Verlauf der Untersuchung soll zunächst (unter 3.) nachgewiesen
werden, dass die Steuern i.S. des Steuerstaates (einschließlich der Inflationssteuer)
den Schutzbereich des Art. 14 I GG berühren (Begriff des Eingriffs). Im
Anschluss daran sollen die einheitlichen Schranken näher konkretisiert
werden, die sich aus der verfassungsmäßigen Eigentumsgarantie für Steuern
i.S. des Steuerstaates einschließlich der Inflationssteuer ergeben (unter
4.). Die bestehenden Erkenntnisse zur eigentumsrechtlichen Behandlung herkömmlicher
Steuern im formellen Sinne sollen dabei jeweils zunutze gemacht und auf
die Inflationssteuer übertragen werden. Dabei werden auch die Folgen untersucht,
die sich für die in der Praxis regelmäßig auftretende kumulative Erhebung
von Steuern im herkömmlichen Sinne und Inflationssteuer ergeben. Schließlich
wendet sich die Betrachtung den Besonderheiten des Grundrechtsschutzes
gegenüber der europäischen Währungshoheit zu (unter 5.).
Die von Papier für Steuern im formellen Sinne vorgeschlagene
Differenzierung danach, ob die öffentlich-rechtlichen Geldleistungspflichten
tatbestandlich an "ökonomisch-soziale oder rechtliche Lagen, Vorgänge
und Gestaltungen" anknüpften, die ihrerseits durch Art. 14 GG geschützt
seien,[101]
erscheint bereits deshalb willkürlich, weil diejenigen Vermögensgegenstände,
aus denen letztlich die Steuerlast beglichen wird, keineswegs identisch
zu sein brauchen mit denen, an die die Steuerpflicht tatbestandlich anknüpft.
So kann etwa die Steuerschuld aus einem Einkommen- oder Erbschaftsteuer-Bescheid
durchaus aus Vermögensteilen beglichen werden, die mit dem steuerpflichtigen
Erwerb nichts zu tun haben. Der dargestellte Ansatz Papiers verkennt
folgendes: Wenn die Frage, ob Steuern den Schutzbereich des Art. 14 GG
berühren, überhaupt problematisch ist, dann nicht unter dem Gesichtspunkt
der eigentumsrechtlich geschützten Position, sondern höchstens unter
dem Gesichtspunkt des Vorliegens eines eingriffstypischen hoheitlichen
Zwangs. Würde der Staat die Steuern nämlich immer in der Weise erheben,
dass er von vornherein und nicht erst im Rahmen der späteren Zwangsvollstreckung
bestimmen würde, welche Vermögensgegenstände (z.B. Bargeld, Kontoguthaben
etc.) der Bürger zur Bezahlung seiner Steuern zu opfern hat (vgl. die
Abzugsteuern), würde wohl niemand bezweifeln, dass Steuern in das Eigentumsrecht
eingreifen. Es ist anerkannt, dass Geldbestände als solche ebenfalls zum
geschützten Eigentum zu zählen sind, ungeachtet der hoheitlichen Herkunft
des (Zentralbank-) Geldes und der Tatsache, dass man das Zentralbankgeld
als Forderung gegen die Zentralbank betrachten kann. Wenn dem Bürger nach
geltendem Steuer(schuld)recht nun aber die Wahl gelassen wird, welchen
Vermögensgegenstand er opfert, kann dies nicht gleichgesetzt werden mit
einer freiwilligen Hingabe von Vermögensopfern und schließt somit
den Zwangscharakter der Besteuerung nicht aus. Man kann den Steuerbescheid
verstehen als staatliche Anordnung an den Grundrechtsberechtigten, aus
seinem Vermögen eine bestimmte Anzahl von Vermögensgegenständen der
einen (Bargeld) oder anderen (Buchgeld) Art zu leisten (hoheitliche Wahlschuld,
kombiniert mit Gattungsschuld). Durch die Wahlmöglichkeit geht der Eingriffscharakter
nicht verloren. Dementsprechend würde man z.B. die in Notzeiten an einen
Bauern ergehende staatliche Anordnung, entweder 100 kg Kartoffeln der Sorte
A oder der Sorte B abzugeben, ohne zu zögern als Eingriff in das Eigentumsrecht
bewerten. Für faktisch, d.h. ohne den Umweg über einen Verwaltungsakt
erhobene Steuern i.S. des Steuerstaates gilt Entsprechendes. Die Tatsache,
dass es, wie bei der Inflationssteuer, dem Bürger überlassen bleibt,
welche Gegenstände seines Vermögens er (als Ausgleich für das gestiegene
Preisniveau) opfern möchte, vermag die betreffenden Vermögensopfer nicht
dem Schutzbereich des Art. 14 GG zu entziehen.
In dem Maße, wie die Steuerschuld aus Vermögenswerten (Bar- oder
Buchgeld) des Steuerpflichtigen bestritten wird, kann somit nicht ernsthaft
bestritten werden, dass Steuern (im formellen sowie im materiellen Sinn)
dazu führen, dass die Grundrechtsträger in ihren vermögenswerten Rechten
(in einer zulässigen oder unzulässigen Weise) beeinträchtigt werden
(Eingriff in das Eigentumsgrundrecht).
(1) Ausgangspunkt der Ãœberlegungen ist die Feststellung, dass ein Eingriff
in die Vermögenssubstanz grundsätzlich unzulässig und die steuerliche
Belastung des Vermögens (Steuergut) als solches überhaupt nur unter dem
Gesichtspunkt einer Sollertragsteuer zulässig ist.[125]
Nach dem hier vertretenen Ansatz von der Notwendigkeit gleicher Schranken
für alle Steuern i.S. des Steuerstaates[126]
muss dies auch für die Inflationssteuer gelten. Daraus folgt bereits als
Zwischenergebnis (siehe aber die weiteren Konkretisierungen unten bei (2)
und (3)), dass die entrichtete Inflationssteuer unter keinen Umständen
höher sein darf, als der Sollertrag des betroffenen Außengeldvermögens.
Als Richtwert für den Sollertrag des Außengeldvermögens können
die marktüblichen Zinssätze für langfristiges Anlagekapital dienen.[127]
Die Inflationssteuer für einen bestimmten Ermittlungszeitraum errechnet
sich aus dem Produkt des individuellen durchschnittlichen Netto-Bestands
des Steuerpflichtigen an Außengeld während dieses Zeitraums und dem Inflationssteuersatz.[128]
Der Inflationssteuersatz entspricht der (durch die Währungspolitik festgelegten[129])
Inflationsrate, die sich ihrerseits wiederum aus der mittel- bis langfristigen
Preissteigerungsrate[130]
abzüglich pauschalen 2% ergibt.[131]
Wie im volkswirtschaftlichen Teil dieses Beitrags dargelegt, ist für die
Ermittlung der mittel- bis langfristigen Preissteigerung ein gleitender
Durchschnitt von ca. drei bis vier aufeinanderfolgenden jährlichen Preisniveausteigerungsraten
als relevantes Maß zugrunde zu legen.[132]
Für die Zwecke der Bestimmung der materiellen Höchstgrenzen zulässiger
Inflationsbesteuerung ist man mit der durchschnittlichen Preissteigerungsrate
der letzten vier Jahre auf der sicheren Seite. Die Preissteigerungsrate
wird durch die relative zeitliche Veränderung des Preises eines repräsentativen
Warenkorbes gemessen,[133]
wobei der Konsumentenpreisindex der für die vorliegende steuerrechtliche
Betrachtung relevante Preisindex ist.[134]
Wenn bei der Ermittlung der Preissteigerungsrate nicht die individuellen
Verbrauchsgewohnheiten des betroffenen Bürgers maßgebend sind, sondern
auf eine durchschnittliche typisierte Inflationsrate abgestellt wird, ist
dies, im Gegensatz zur Auffassung des BFH, nicht erst eine Folge der steuerrechtlichen
Notwendigkeit typisierender Tatbestände,[135]
sondern bereits des volkswirtschaftlichen Umstands, dass die Inflation
unabhängig von Veränderungen der Preisrelationen zwischen verschiedenen
Gütern und Diensten alle Preise gleichmäßig trifft.[136]
Es spielt daher für das Ausmaß der Inflationsbesteuerung gar keine Rolle,
in welcher Weise der Besitzer der besteuerten Außengeldbestände sein
Geld zu verwenden beabsichtigt.
(2) Der Sollertrag des besteuerten Außengeldvermögens fixiert lediglich
die Obergrenze zulässiger Inflationspolitik. Eine zusätzliche Beschränkung
des steuerlichen Eingriffs in Außengeldvermögen ergibt sich aus der Erkenntnis
des BVerfG, dass nicht nur der Vermögensbestand, sondern auch der
Vermögensertrag am Schutz der vermögenswerten Rechtspositionen
als Grundlage individueller Freiheit teilnimmt und dass deshalb die Vermögensteuer
zu den (übrigen) Steuern auf den (Soll-) Ertrag (insbesondere Einkommen-,
Körperschaft- und Gewerbeertragsteuer)
nur hinzutreten darf, soweit
die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages bei typisierender
Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen
in
der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher
Hand verbleibt (Halbteilungsgrundsatz).[137]
Daraus folgt, dass selbst dann, wenn keine sonstigen Steuern auf den (Soll-)
Ertrag anfallen,[138]
die Inflationssteuer höchstens ungefähr halb so hoch sein darf wie
der Sollertrag, d.h. wie die durch eine langfristige Anlage erzielbaren
Zinsen (selbst wenn diese Zinsen einkommensteuerfrei sein sollten).
(3) Die weitere Vorgabe des BVerfG, nach der "unter den Bedingungen
des gegenwärtigen Steuerrechts" die Vermögensteuer nur so bemessen werden
darf, dass sie "in ihrem Zusammenwirken mit den sonstigen Steuerbelastungen"
die "Substanz des Vermögens, den Vermögensstamm, unberührt" lässt
und aus den üblicherweise zu erwartenden, möglichen Erträgen (Sollerträge)
bezahlt werden kann,[139]
führt zur verfassungsrechtlichen Unzulässigkeit der Zinsbesteuerung bei
Außengeldbeständen, sobald und soweit die erzielten Zinsen nicht mindestens
doppelt so hoch sind wie die Inflationssteuern.[140]
Besteuerbar ist demnach nur derjenige Anteil der erzielten Zinsen, der
die Inflationssteuerverluste mehr als doppelt ausgleicht.[141]
Bereits bisher ist im Schrifttum teilweise die Ansicht vertreten worden,
Inflationsverluste seien auf die Zinsbesteuerung anzurechnen.[142]
Dieser Ansatz setzte sich aber dem Einwand aus, gegen das (einkommensteuerrechtliche)
Nominalprinzip
zu verstoßen.[143]
Er vermochte nämlich nicht zu erklären, warum ausgerechnet bei der Zinsbesteuerung,
nicht aber in sonstigen Bereichen des Einkommensteuerrechts Vermögensverluste
des Bürgers aufgrund der Geldentwertung berücksichtigt werden sollten.
Das sog. Nominalprinzip (auch: Nennwertgrundsatz, Nominalismus im Gegensatz
zum Valorismus) besagt, dass bei Geldschuldverhältnissen der Nennwert
maßgebend ist ("Mark = Mark" bzw. nunmehr: "Euro = Euro"). Es soll als
Auslegungsgrundsatz nicht nur das Einkommensteuerrecht, sondern allgemein
alle Rechtsnormen durchdringen, die sich auf in Geldbeträgen messbare
wirtschaftliche Größen beziehen. Seine Aufgabe, so der BFH, ist die Sicherstellung
des Funktionierens der Geldpolitik.[144]
Die hier vertretene Sichtweise von der Inflationssteuer nimmt die Frage
der steuerrechtlichen Berücksichtigung der Inflation aus dem Anwendungsbereich
des Nominalprinzips heraus, weil sie die Betrachtung nicht auf den
Geldwertverlust auf Seiten des Bürgers beschränkt, sondern den Vermögensgewinn
auf Seiten des Staates mit einbezieht (Ressourcentransfer). Die Inflationsverluste
zu Lasten des Netto-Außengeldvermögens werden auf diese Weise einem selbständigen
Besteuerungstatbestand, nämlich der Inflationssteuer, zugeordnet, brauchen
also nicht mehr im Rahmen der herkömmlichen Besteuerung des Vermögens
bzw. seiner Erträge als Korrekturposten für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage
eingeführt zu werden. Vielmehr kann in Übereinstimmung mit dem Nominalprinzip
jeweils der Nennwert veranschlagt werden, ohne dass hierdurch der Eindruck
"unerträglicher Verzerrungen" in Widerspruch zu den "wirtschaftlichen
Verhältnissen"[145]
entstünde. Voraussetzung dafür, dass die hier vorgeschlagene Trennung
von Zinsbesteuerung und Inflationseffekten gegenüber der üblichen, auf
das Nominalprinzip gestützten einkommensteuerrechtlichen Ignorierung der
Geldentwertung tatsächlich zu einem erweiterten Grundrechtsschutz führt,
ist allerdings die Gesamtbetrachtung der kumulativen Eingriffstiefe
durch Inflation und Zinssteuer.[146]
(4) Schließlich bleibt zu überlegen, wie sich auf die Inflationssteuer
die absolute Grenze übertragen lässt, die das BVerfG der Vermögensteuer
unter dem Gesichtspunkt des besonderen Schutzes für Wirtschaftsgüter
zeichnet, die der persönlichen Lebensführung des Steuerpflichtigen
und seiner Familie dienen und die einen Freiheitsraum für die eigenverantwortliche
Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs eröffnen. Für die herkömmliche
Vermögensteuer führt diese Grenze zu einem Anspruch des Steuerbürgers
auf angemessene, typisierende Freibeträge (siehe oben D.4.a.(2)
a.E.). Befreiungen von der Inflationssteuer lassen sich nicht durch Freibeträge
realisieren, weil diese Steuer nicht im Wege einer Steuerfestsetzung, sondern
faktisch
erhoben wird. Es ist bei der Inflation deshalb nach anderen Wegen zu suchen,
um die in entsprechender Anwendung der Grundsätze des BVerfG unzulässige
Belastung des Bürgers mit einer Substanzsteuer innerhalb des Bereichs
des ihm zustehenden Freibetrages auszugleichen. In Betracht kommt die Anrechnung
der Inflationssteuer auf andere (herkömmliche) Steuern außerhalb der
Besteuerung des Vermögens,[147]
etwa auf die Einkommensteuer. Praktikabel dürfte ein solches Verfahren
nur bei direkten, nicht aber bei indirekten Steuern (wie z.B. Umsatzsteuer,
sonstige Verbrauchs- und Verkehrssteuern) sein. Soweit jedenfalls eine
Anrechnung grundrechtswidrig erhobener Inflationssteuern auf bestehende
Steuerschulden nicht möglich oder nicht praktikabel ist, verbleibt, nimmt
man die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze beim Wort, für eine Berücksichtigung
der Freibeträge wohl nur der direkte Weg einer Rückzahlung der Inflationssteuer
an den betroffenen Bürger. Der Gesetzgeber müsste hierzu ein passendes
Verwaltungsverfahren (z.B. vor den Finanzbehörden) zur Verfügung stellen.
Spätestens diese Überlegungen zeigen, dass sich das BVerfG bei seiner
Entscheidung vom 22.6.1995 der ganzen, hier entwickelten Tragweite der
von ihm aufgestellten eigentumsgrundrechtlichen Grenzen zulässiger Besteuerung
von Vermögen und Vermögenserträgen bei ihrer konsequenten Anwendung
auf sämtliche Steuern i.S. des Steuerstaates nicht vollständig bewußt
gewesen sein dürfte. Es wäre deshalb keine Überraschung, wenn das Gericht
diese Schranken in Zukunft wieder etwas lockern würde.
Die Nichtigkeitsklage steht nach Art. 230 I, IV EGV, Art. 35.1 ESZB/EZB-Satzung jeder natürlichen oder juristischen Person gegen "Entscheidungen" (u.a.) der EZB offen, deren Adressat sie ist oder die sie "unmittelbar und individuell" betrifft. Es ist zweifelhaft, ob die geldpolitischen Maßnahmen des EZB-Rates (z.B. Offenmarktpolitik, Mindestreservepflichten[160]) als "Entscheidungen" in diesem Sinne qualifiziert werden können. Bestimmte Maßnahmen wie etwa die Senkung der Leitzinsen entfalten über das ESZB hinaus nicht die für eine Nichtigkeitsklage notwendige Rechtswirkung nach außen.[161] Bei anderen Maßnahmen ist diese Voraussetzung zwar erfüllt.[162] So sind etwa Vorgaben über die Berechnung und Bestimmung des Mindestreservesolls nach Art. 19.1 ESZB/EZB-Satzung in Gestalt einer Verordnung (Art. 110 EGV = Art. 108a EGV a.F.) zu erlassen. Bei Maßnahmen dieser Art ist aber über den Kreis der Adressaten der Verordnung (Kreditinstitute) hinaus das Kriterium der "unmittelbaren" und "individuellen" Betroffenheit problematisch. Individuelle Betroffenheit kann zwar auch dann liegen, wenn mehrere Individuen betroffen sind, sofern sich die Betroffenen gegenüber den übrigen Bürgern wegen ihrer persönlichen Eigenschaften herausheben.[163] Die Inflationssteuer wird jedoch von sämtlichen Nettoinhabern von Außengeldbeständen erhoben, sie ist damit ein Masseneffekt und die Anerkennung der Individualität der Betroffenheit der "Steuerzahler" würde hier de facto eine Popularklage ermöglichen. Vor allem dürfte angesichts des nur mittel- und langfristigen Transmissionsprozesses zwischen währungspolitischer Maßnahme und Inflation[164] aus europarechtlicher Sicht die Unmittelbarkeit der Betroffenheit fehlen. Zumindest scheitert die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage an der zweimonatigen Klagefrist des Art. 230 V EGV.[165]
Die Zulässigkeit einer auf Vornahme von inflationshemmenden Maßnahmen gerichteten, von Individuen (natürlichen oder juristischen Personen) erhobenen Untätigkeitsklage[166] gegen die EZB nach Art. 232 III, IV EGV stößt auf ähnliche Schwierigkeiten, denn nach der Rechtsprechung des EuGH können nur solche Akte beantragt werden, die an den Kläger selbst adressiert sind (insbesondere Entscheidungen) oder die ihn zumindest "unmittelbar" und "individuell" betreffen.[167]
Ebenfalls scheitern dürfte eine Amtshaftungsklage nach Art. 288 II, III EGV (Art. 215 a.F. EGV). Das Bestehen eines europarechtlichen Haftungsanspruchs setzt eine Amtspflichtverletzung, einen Schaden und Kausalität voraus. Zwar verletzt die EZB, sollte sie das Entstehen von Inflation zulassen, ihre Pflicht zur Sicherstellung der Preisstabilität nach Art. 105 EGV, und hierdurch entsteht den Inhabern von Außengeldbeständen ein als Schaden zu qualifizierender Vermögensnachteil. Auch schließt der Umstand, dass der (Inflations-) Steuerzahler gegen das beanstandete rechtswidrige Verhalten der europäischen Hoheitsgewalt keine auf Unterlassung gerichtete Klagemöglichkeit besitzt, nach der Systematik des europarechtlichen Rechtsschutzsystems das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs nicht aus.[168] Der Haftungsanspruch scheitert aber wiederum an der mangelnden Abgrenzbarkeit (Individualisierbarkeit) des Kreises der Anspruchsberechtigten. Die Pflicht zur Preisstabilität besteht nämlich nicht im drittschützenden Interesse eines besonderen und von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreises, sondern im Allgemeininteresse.[169]
Nach alledem besteht bereits auf der verfahrensrechtlichen Ebene keine
Gleichwertigkeit des europarechtlichen mit dem verfassungsrechtlichen Grundrechtsschutz
gegenüber der Inflationssteuer. Der Vollständigkeit halber soll im folgenden
noch auf die Frage der inhaltlichen (materiellen) Gleichwertigkeit des
grundrechtlichen Eigentumsschutzes eingegangen werden.
1. Die Inflation ist aus ökonomischer Sicht ein perfektes Steuersubstitut. Sie führt zu einem Ressourcentransfer vom Privaten (Bürger) an den Staat und sie ist in voller Höhe dem Staat als Verursacher zurechenbar, weil der Staat über seine währungspolitischen Instrumentarien dazu in der Lage ist, die Inflationsrate frei zu wählen. Man spricht deshalb von Inflationssteuer. Dieser Effekt tritt nicht nur bei nationaler Währungshoheit, sondern auch in der EWU auf.
2. Steuergut und Bemessungsgrundlage der Inflationssteuer ist der Netto-Außengeldbestand des Privaten (Bürgers), d.h. der Gesamtbetrag seines Zentralbankgeldbestands, soweit dieser nicht durch Verschuldung erworben wurde. Die Inflationssteuer wirkt deshalb wie eine Vermögensteuer. Steuersatz ist die Inflationsrate. Letztere ergibt sich aus der mittel- bis langfristigen Preissteigerungsrate abzüglich 2 %.
3. Die Inflationssteuer ist aus juristischer Sicht eine Steuer i.S. des Grundsatzes vom Steuerstaat (Steuer im materiellen Sinne). Dies gilt gleichermaßen für die unter nationaler Währungshoheit wie für die in der EWU verursachte Inflation.
4. Steuern i.S. des Steuerstaates, d.h. Steuern im herkömmlichen formellen Sinne der AO ebenso wie die Inflationssteuer, berühren den subjektiven Schutzbereich des Art. 14 GG (Eingriffscharakter).
5. Steuern i.S des Steuerstaates zeichnen sich aus der Sicht des Art. 14 GG durch einheitliche Schranken zulässiger Eingriffe aus.
6. Die Grundsätze des BVerfG zu den Besteuerungsgrenzen des Art. 14 GG bei der Vermögensteuer sind auf die Inflationssteuer übertragbar.
7. Bei der Beurteilung der zulässigen Eingriffstiefe in Art. 14 GG sind die Wirkungen der herkömmlichen Steuern und der Inflationssteuer in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen.
8. Die Inflationssteuer darf wegen Art. 14 GG höchstens ungefähr halb so hoch sein wie die marktübliche Verzinsung langfristiger Anlagen.
9. Die Besteuerung von Zinsen auf Außengeldbestände verstößt gegen Art. 14 GG, sobald und soweit die erzielten Zinsen nicht mindestens doppelt so hoch sind wie die Inflationssteuer.
10. Die Inflationssteuer verletzt Art. 14 GG, soweit sie Außengeldbestände erfasst, die der persönlichen Lebensführung des Steuerpflichtigen und seiner Familie dienen. Sollte ein Ausgleich im Wege der Anrechnung auf sonstige Steuerpflichten nicht möglich sein, ist die zu Unrecht erhobene Inflationssteuer an den betroffenen Bürger zurückzuzahlen.
11. Vor den Gerichten der EU ist kein Rechtsweg gegen eine eigentumsgrundrechtswidrige Inflationsbesteuerung im Bereich der EWU eröffnet.
12. Eigentumsverletzungen (Art. 14 GG) durch die europäische Inflationssteuer
können, soweit keine Abhilfe im Wege der Reduzierung der Steuergesamtbelastung
des Bürgers auf dem Finanzrechtsweg möglich ist, unmittelbar vor dem
BVerfG gerügt werden.
-------------------------------
[1]
Vgl. den Überblick über den Meinungsstand bei Staudinger-K. Schmidt,
13. Bearbeitung, Jan. 1997, Vor § 244 ff., Rz. A 69.
[2]
BVerfG 31.3.1998, BVerfGE 97, 350 = NJW 1998, 1934= EuZW 1998, 279.
[3]
BVerfG 31.3.1998, a.a.O. (Fn. 2), unter II 1.b.
[4]
BVerfG 22.6.1995, BVerfGE 93, 121.
[5]
BVerfG 6.11.1984, BVerfGE 67, 256, 285 f.
[6]
BVerfG a.a.O. (Fn. 1), BVerfGE 67, 256, 288.
[7]
BVerfG a.a.O. (Fn. 1), BVerfGE 67, 256, 289. In Bezug auf die Abgeschlossenheit
der Regelung des Art. 106 GG und die Ablehnung eines darüber hinausgehenden
"Steuerfindungsrechts" von Bund und Ländern insofern zustimmend Schaefer,
Der verfassungsrechtliche Steuerbegriff, Frankfurt a.M. u.a., 1997, S.
200.
[8]
BVerfG 7.11.1995, BVerfGE 93, 319, unter C.I.3., zur baden-württembergischen
und hessischen Abgabe auf die Entnahme von Wasser.
[9]
Die Stabilitätsverpflichtung des im Rahmen der Ratifizierung des Maastrichter
Vertrages neu in das GG eingefügten Art. 88 S. 2 ist im Vergleich hierzu
schwächer, weil sie nur indirekter Natur ist.
[10]
BVerfG a.a.O. (Fn. 1), BVerfGE 67, 256, 286 f.; siehe bereits das Rechtsgutachten
des BVerfG vom 16.6.1954 über die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß
eines Baugesetzes, BVerfGE 3, 407, 434 f..
Kritisch zur "Identitätsthese" des BVerfG Schaefer, a.a.O. (Fn. 3),
S. 53-105, dessen verfassungsrechtlicher Steuerbegriff sich ausschließlich
auf die Finanzverfassung der Art. 105 ff. GG beschränkt (ders., a.a.O.,
S. 1).
[11]
BVerfG a.a.O. (Fn. 1), BVerfGE 67, 256, 285, unter C.III.2.a., zur Investitionshilfeabgabe.
[12]
Vogel/Walter, BK, Art. 105 GG, 26 Lfg., Febr. 1971, Rz. 38 f.; aA Maunz,
in: M/D/H/S, Art. 105, 17. Lfg. 1979, Rz. 4.
[13]
"Protokoll [zum Maastricht-Vertrag] über die Satzung des Europäischen
Systems der Zentralbanken [ESZB] und der Europäischen Zentralbank [EZB]",
ABl.EG Nr. C 191/68 v. 29.7.1992.
[14]
Vgl. für einen ähnlichen Begründungsansatz in Zusammenhang mit der Ansicht
vom Steuererfindungsrecht des Gesetzgebers Osterloh, "Öko-Steuern" und
verfassungsrechtlicher Steuerbegriff: alte Fragen zum staatlichen Steuererfindungsrecht
- neu gestellt, NVwZ 1991, 823, 828, die im in Art. 105 GG enthaltenen
"Verfassungstatbestand der Steuer" über die Gesetzgebungskompetenz hinaus
die Grundlage der Ertragskompetenz für diejenigen Steuerarten sieht, die
nicht von Art. 106 GG geregelt werden. Dieser Steuertatbestand weise die
erzielten Einnahmen sinngemäß dem erhebungsberechtigten Gemeinwesen zu,
soweit die Verfassung keine abweichende Bestimmung treffe. Er liefere den
Rechtsgrund für eine "Annexkompetenz" des steuererfindenden Gesetzgebers.
[15]
Vogel, in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hb d Staatsrechts, Bd. 1, 2. A.,
Heidelberg 1995, § 27, Rz. 3.
[16]
F. Kirchhof, Vom Steuerstaat zum Abgabenstaat ?, Die Verwaltung 1988, S.
137, 147, 153.
[17]
Isensee, Steuerstaat als Staatsform, FS Ipsen (1977), 411; ders. a.a.O.,
S. 414: Es wäre sinnlos, den Steuerstaat in einer Definition zu erfassen,
etwa als Staat, der sich im wesentlichen über die Steuer finanziert. Eine
solche Begriffsbestimmung reiche "nur geringfügig über eine Tautologie
hinaus". Ein Typus entziehe sich ohnehin der schulmäßigen Definition.
Er lasse sich nur aus seinen Merkmalen und Voraussetzungen als Gesamtbild
erschließen.
[18]
Isensee a.a.O. (Fn. 13), S. 409.
[19]
Vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Köln 1993, Bd. I, S. 3: Habe der
Staat die Aufgaben eines Rechtsstaats und eines Sozialstaats zu erfüllen,
sei er in besonderem Maße darauf angewiesen, seinen steuerlich leistungsfähigen
Bürgern einen erheblichen Teil des von ihnen Erwirtschafteten oder sonst
Bezogenen zu nehmen. Leistungsstaat und Steuerstaat seien komplementäre
Funktionen des Sozialstaats (m.w.N.).
[20]
Tipke, a.a.O. (Fn. 15), Bd. 1, S. 1. Vgl. etwa die Zahlen bei Apel, Staat
ohne Maß: Die Finanzpolitik in der Sackgasse, Düsseldorf, München 1997,
S. 59 f.: Im Jahre 1996 hätten die (herkömmlichen) Steuern bei Bund,
Ländern und Gemeinden ca. 75 % der Einnahmen ausgemacht. Ihr Anteil habe
beim Bund 90 %, bei den Ländern 74 % und bei den Gemeinden 26 % betragen.
[21]
Isensee a.a.O. (Fn. 13), S. 409, in Abgrenzung zum "Unternehmerstaat".
[22]
P. Kirchhof, in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hb des Staatsrechts, Bd.
4, Heidelberg 1990, § 88, Rz. 92; ders., a.a.O.: Wenn der Gesetzgeber
nach Art. 14 I GG die Wirtschaftsgüter in private Hand geben, sich also
grundsätzlich gegen die staatliche Erwerbswirtschaft entscheiden müsse,
so könne er "seinen Finanzbedarf nur durch finanzielle, d.h. steuerliche
Teilhabe am privatnützigen Wirtschaften befriedigen".
[23]
F. Kirchhof (Fn. 12), Die Verwaltung 1988, S. 137, 139; vgl. auch M/D/H/S-Papier,
Art. 14 GG, Rz. 167, Stand Mai 1994: Der Rechts- und Sozialstaat des GG
sei notwendigerweise zugleich Steuerstaat.
[24]
F. Kirchhof (Fn. 12), Die Verwaltung 1988, S. 137, 140.
[25]
F. Kirchhof, a.a.O., S. 147.
[26]
Siehe unten C.4. ("Inflationssteuer als hoheitlich veranlaßter Geldtransfer").
[27]
Vogel, in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hb d Staatsrechts, Bd. 1, § 27,
Rz. 62 (""Steuer" im Steuerstaat").
[28]
Vogel, a.a.O., Rz. 63.
[29]
Vogel, a.a.O., Rz. 59.
[30]
Vogel, a.a.O., Rz. 63.
[31]
BVerfG 6.11.1984, BVerfGE 67, 256, 281 ff.
[32]
Zustimmend Schaefer, a.a.O. (Fn. 3), S. 136, 149 f.
[33]
Vgl. BVerfG 2.10.1973, BVerfGE 36, 66, zum Stabilitätszuschlag, unter
II.2.b.: Es sei unerheblich, dass der "Hauptzweck" einer Steuer nicht die
Erzielung von Einkünften, sondern eine wirtschaftslenkende Maßnahme sei;
bestätigt unlängst durch BVerfG 7.5.1998, BVerfGE 98, 106, unter C.I.2.a.,
zur kommunalen Steuer auf Einwegverpackungen.
Vgl. aus dem Schrifttum Schaefer, a.a.O. (Fn. 3), S. 151, zur Steuer
als "Lenkungsinstrument aktiver staatlicher Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik"
(unter Berufung auf BVerfG 6.11.1984, BVerfGE 67, 256, 282), wobei er auf
die wirtschaftspolitischen Zielvorgaben des Art. 109 GG verweist.
[34]
Vgl. demgegenüber für den Steuerbegriff des § 3 I AO Tipke, a.a.O. (Fn.
15), Bd. 3, S. 1057: Die Geldleistung müsse auferlegt sein, d.h. der Rechtsgrund
der Verpflichtung müsse ohne Rücksicht auf den Willen des Verpflichteten
durch hoheitlichen Akt bestimmt sein (in Abgrenzung zu vertraglichen oder
freiwilligen Leistungen).
[35]
Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 16. A., 1998, § 4 Rz. 65, zum Steuerbegriff
des § 3 I AO.
[36]
Zur Frage, ob die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung Rechtmäßigkeitsvoraussetzung
ist, siehe unten D.1. ("Gesetzesvorbehalt und Wesentlichkeitstheorie als
formelle Grenzen der Inflationssteuer").
[37]
Teil I (Läufer), A. ("Ressourcentransfer durch Inflation").
[38]
Teil I (Läufer), A.3.b.(1) ("Die Identifikation von Steuerbasis
und Steuersatz").
[39]
Siehe Teil I (Läufer), A.3.b.(4) ("Die Inflationssteuer: eine Vermögens-
oder eine Einkommensteuer"").
[40]
Teil I (Läufer), A.3.b.(1) ("Die Identifikation von Steuerbasis
und Steuersatz").
[41]
Siehe unten D.5.a.(1) ("Verfassungsrechtliche Bindung der europäischen
Währungspolitik an die Grundrechte").
[42]
Nicht eingegangen zu werden braucht insbesondere auf den zum Steuerbegriff
des § 3 I AO ("auferlegt von öffentlich-rechtlichem Gemeinwesen") bestehenden
Streit, ob vom Begriff des "öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens" nur Bund,
Länder und Gebietskörperschaften (so Jarass/Pieroth-Pieroth, GG, 4. A.
1997, Art. 105, Rz. 4, unter Berufung auf BVerfG 27.10.1959, BVerfGE 10,
141, 176) oder alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts (so
etwa Maunz in M/D/H/S, GG, Art. 105, Rz. 4) erfaßt werden.
[43]
Teil I (Läufer), B.2. ("Staatliche Verursachung der Inflation durch
Wahl eines Wechselkurssystems").
[44]
Teil I (Läufer), A.1. ("Begriff und Messung der Inflation").
[45]
Teil I (Läufer), a.a.O. (Fn. 40).
[46]
Teil I (Läufer), A.5.c. ("Die Kontrolle der Seignorage-Komponente
durch den Staat").
[47]
Teil I (Läufer), B.3. ("Die Kontrollierbarkeit der Inflation unter
den währungspolitischen Regelungen in der BR Deutschland und in der EWU").
[48]
Teil I (Läufer), B.8. ("Besonderheiten in der EWU").
[49]
Vgl. entsprechend (noch bezogen auf die nationale Währungshoheit) J. Pahlke,
Staatliche Geldschöpfung als Einnahmequelle, in: Neumark (Hrsg.), HbFinWiss,
Bd. III, Tübingen 1981, 117 f.: Staatliche Geldschöpfung gründe sich
auf die Hoheitsgewalt des Staates, auf seine Geldhoheit (S. 117). Nicht
selten sei "übermäßige" Geldschöpfung als Mittel der Staatsfinanzierung
die Ursache von Inflation (S. 118). Einnahmen des Staates aus Staatsgeldschöpfung
basierten auf seiner Hoheitsgewalt, seien "Hoheitseinkünfte". Sie teilten
diese Eigenschaft mit "Steuern", seien jedoch keine "Abgaben" und belasteten
die Bürger "unmittelbar nicht". Die letztere Aussage von der fehlenden
Belastung des Bürgers trifft allerdings nur für die nichtinflationäre
Geldschöpfung zu (siehe Teil I (Läufer), A.5.: "Die Seignorage
als Finanzquelle des Staatshaushaltes").
[50]
BVerfG 12.10.1993, "Maastricht", BVerfGE 89, 155, 187 f., unter C.I.2.a.:
Im Zustimmungsgesetz zum Beitritt zu einer Staatengemeinschaft ruhe die
demokratische Legitimation sowohl der Existenz der Staatengemeinschaft
selbst als auch ihrer Befugnisse zu Mehrheitsentscheidungen, die die Mitgliedstaaten
bänden.
[51]
Zum personellen Schutzbereich des Art. 14 GG siehe unten D.5.b. ("Bestimmung
des personellen Schutzbereichs des Art. 14 GG gegenüber Maßnahmen der
europäischen Währungspolitik").
[52]Abschnitt
C.1. ("Begriff des Steuerstaates").
[53]
Siehe oben die Nachweise in Fn. 29.
[54]
Siehe oben unter C.2. ("Begriff der Steuer i.S. des Steuerstaates").
[55]
Hierzu oben unter B. ("Inflationssteuer als Steuer i.S. der Finanzverfassung").
[56]
Vgl. BVerfG 6.11.1984, BVerfGE 67, 256, 274 ff., 281 ff., wodurch das Gesetz
über die Investitionshilfeabgabe wegen Verletzung des Art. 2 I GG für
nichtig erklärt wurde, weil es (nach Ansicht des BVerfG) außerhalb der
formellen Schranken des Steuerstaates lag, so wie sie vom GG skizziert
werden (Art. 105 II, 70 ff. GG).
[57]
P. Kirchhof, in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hb des Staatsrechts, Bd.
IV, 1990, § 88, Rz. 290.
[58]
Vgl. P. Kirchhof, a.a.O., Rz. 92.
[59]
Siehe unten D.1. ("Gesetzesvorbehalt und Wesentlichkeitstheorie als formelle
Grenzen der Inflationssteuer") zur Auslegung des Begriffs der "Währungsbank".
[60]
Grundlegend Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche
Demokratieprinzip, Berlin 1973, S. 161 ff.
[61]
M/D/H/S-Papier, Art. 14 GG, Rz. 181, Stand Mai 1994.
[62]
Vgl. Papier, a.a.O. (Fn. 57), Rz. 182, der diesen Grundsatz zwar nicht
auf die Inflationssteuer, aber immerhin auf faktische Steuererhöhungen
anwenden möchte, wie sie sich für Progressionssteuern aufgrund anhaltender
Geldwertänderungen ergeben. Der Steuergesetzgeber sei aufgrund Art. 14
I GG "von Verfassungs wegen gehalten, sich bei inflations- oder wachstumsbedingten
Steigerungen der Einkommen und Vermögen mit dem Tarifsystem der Progressionssteuern
in angemessenen Abständen zu befassen und für eine Anpassung zu sorgen".
[63]
Siehe Teil I (Läufer), A.3.c. ("Die Suche nach der relevanten Steuerbasis").
[64]
Siehe Teil I (Läufer), B.3. ("Die Kontrollierbarkeit der Inflation
unter den währungspolitischen Regelungen in der BR Deutschland und in
der EWU").
[65]
Siehe für das Europarecht Teil I (Läufer), C.2. ("Voraussichtliche
Bedeutung der Inflationssteuer in der EWU").
[66]
Str.; offen gelassen bei Hahn, Währungsrecht, 1990, § 16, Rz. 16, S.
224; dafür M/D/H/S-Papier, Art. 14 GG, Rz. 186, unter Berufung auf Badura,
FS Ipsen (1977), 367, 369).
[67]
Vgl. in die gleiche Richtung gehend J. Lang, Ein Plädoyer gegen die Vermögensteuer,
WM 1998, 2516: Maßgeblich für die Steuergleichheit sei die Realleistungsfähigkeit
(gemeint ist: unter Berücksichtigung der Inflation).
[68]
Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland,
20. A. 1995, Rz. 317.
[69]
Hesse, a.a.O., Rz. 318.
[70]
Hesse, a.a.O., Rz. 332: "Deklaratorische Bedeutung".
[71]
Vgl. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, FS Ipsen (1977), 409, 434: Die
Steuer passe nicht in das übliche Zweck-Mittel-Schema.
[72]
Vgl. zu den Problemen bei der Anwendung des Übermaßverbotes auf die Besteuerung
Papier, a.a.O. (Fn. 56), S. 74 ff.
[73]
Andere mit der Steuer verfolgte Zwecke können hier keine Rolle spielen,
da der Staat sonst keinen Rechtsgrund (causa) für das Behaltendürfen
der Einnahmen hätte. Siehe hierzu oben unter C.2. ("Begriff der Steuer
i.S. des Steuerstaats").
[74]
So v. Arnim, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), 311 ff., 316:
Die Erhebung von Steuern für öffentliche Ausgaben sei nur dann gerechtfertigt
und mit Art. 14 GG vereinbar, wenn sie zum Wohle der Allgemeinheit erfolge.
[75]
Ebenso M/D/H/S-Papier, Art. 14 GG, Rz. 175, Stand Mai 1994, Rz. 178, der
von "erheblichen Zweifeln an der Justiziabilität" eines (aus Art. 14 GG
abgeleiteten) Grundrechts des Bürgers auf eine dem Gebot der Wirtschaftlichkeit
gemäße Ausgabenpolitik des Staates spricht. Nicht zu folgen ist allerdings
dem weiteren Argument Papiers, a.a.O., der Gedanke einer Grundrechtsbindung
des Ausgabengesetzgebers laufe auf eine Erweiterung des Eigentumsschutzes
des Art. 14 GG zu einem allgemeinen Vermögensschutz hinaus. Denn rechtlicher
Ansatzpunkt für einen Grundrechtsschutz gegenüber unwirtschaftlichen
Staatsausgaben bleibt die Besteuerung des Bürgers. Diese aber greift,
wie noch gezeigt wird, in subjektive Vermögensrechte des Bürgers ein
und an diesem Eingriffscharakter vermag eine wirtschaftliche Ausgabenpolitik
nichts zu ändern.
[76]
Vgl. Isensee, a.a.O. (Fn. 67), S. 409, 418 f., 434 f.: Der steuerfeste
Kern des Eigentumsgrundrechts ("Wesensgehalt") müsse sich "mittelbar aus
der Teleologie des Steuerstaates" erschließen.
[77]
In Anlehnung an eine entsprechende Aussage von Isensee a.a.O. (Fn. 67),
S. 409, 411, zur Abwälzung von Finanzlasten auf "unterstaatliche Umverteilungssysteme"
wie dasjenige der Sozialversicherung (unter Berufung auf Leisner, Sozialversicherung
und Privatversicherung, 1974, S. 107).
[78]
Berichtet bei M/D/H/S-Papier, Art. 14 GG, Rz. 160, Stand Mai 1994, m.w.N.
aus der Rechtsprechung des BVerfG.
[79]
Staudinger-K. Schmidt, Vorbem. zu §§ 244 ff. BGB, 13. Bearbeitung, Stand
Januar 1997.
[80]
M/D/H/S-Papier, Art. 14 GG, Rz. 169, Stand Mai 1994.
[81]
Aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des BFH
vom 27.7.1967 hervorzuheben (BFHE 89, 422, 442 = BStBl III 1967, 690),
wo
die Frage, ob die Herbeiführung einer erheblichen Geldentwertung durch
staatliche Maßnahmen oder Unterlassungen in die Grundrechte der Staatsbürger
eingreifen kann, zwar ebenfalls dahingestellt gelassen wird, wo das Gericht
aber immerhin eine negative Abgrenzung dahingehend wagt, dass von einem
"Eingriff" in die "Substanz der Eigentumsgarantie" durch die Inflation
- wenn überhaupt - erst dann gesprochen werden könne, wenn die jährliche
Geldentwertungsquote mindestens die Zinssätze für langfristiges Sparkapital
übersteige.
[82]
So noch BVerfG 22.7.1991, DStR 1991, 1278, unter 2.b.
[83]
BVerfG, Beschluss vom 21.1.1969, HFR 1969, 347; hierzu Hahn, Währungsrecht,
§ 16, Rz. 12, S. 223 (sinngemäß): Das Bejahen der Geldwertschutzfunktion
des Art. 14 GG hätte zur (gemeint dürfte sein: aus Sicht des BVerfG unerwünschten)
Konsequenz gehabt, dass die Rechtspflicht des Staates zur Pflege der Währungsstabilität
hätte bejaht werden müssen.
[84]
Vgl. nur BVerfG 23.4.1974, BVerfGE 37, 121, 131; BVerfG 8.3.1983, BVerfGE
63, 312, 327; vgl. auch BVerfG 24.7.1962, BVerfGE 14, 221, 241 f., unter
II.5.a.
[85]
Vgl. BVerfG 19.12.1978, BVerfGE 50, 57, unter III.
[86]
BVerfG 25.9.1992, BVerfGE 87, 153, 169, unter C.I.1., zur steuerlichen
Regelung des Grundfreibetrags und des allgemeinen Tariffreibetrags.
[87]
BVerfG 22.6.1995, BVerfGE 93, 121, unter II.3.a.: Die Vermögensteuer greife
"in die in der Verfügungsgewalt und Nutzungsbefugnis über ein Vermögen
angelegte allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) gerade in deren Ausprägung
als persönliche Entfaltung im vermögensrechtlichen Bereich ein (Art.
14 GG)". Zu den in dieser Entscheidung entwickelten materiellen Grenzen
im einzelnen siehe unten D.4.a.(2) ("Der neue Ansatz zu Substanz- und Ertragsteuern").
[88]
BVerfG 22.6.1995, BVerfGE 93, 121, unter II 1.a.; vgl. ähnlich P. Kirchhof,
Die Wahrnehmung von Hoheitsgewalt durch Mitgliedsstaaten und Gemeinschaftsorgane,
HFR 1997 Beitrag 2, Seite 0, http://www.rewi.hu-berlin.de/HFR/2-1997/Seite0.html,
Abruf am 25.2.1999: Eine aktuelle, der europäischen Hoheitsgewalt anvertraute
Freiheitsvoraussetzung sei die ökonomische Grundlage individueller Freiheit,
das Geld und der Geldeswert.
[89]
BVerfG 31.3.1998, BVerfGE 97, 350, unter II 2.c.
[90]
BVerfG 31.3.1998, a.a.O., unter II 1.b.
[91]
BVerfG 31.3.1998, a.a.O., unter II 2.c.
[92]
BVerfG 22.6.1995 (Fn. 83); zu dieser Entscheidung noch ausführlich unten
D.4.a.(2) ("Der neue Ansatz zu Substanz- und Ertragsteuern").
[93]
Teil I (Läufer), B.3. ( "Die Kontrollierbarkeit der Inflation unter
den währungspolitischen Regelungen in der BR Deutschland und in der EWU").
[94]
Vgl. den Überblick über den Meinungsstand bei Staudinger-K. Schmidt,
13. Bearbeitung, Januar 1997, Vor § 244 ff., Rz. A 69.
[95]
Vgl. zum Nominalgrundsatz BFH 27.7.1967, BFHE 89, 422, unter IV.2.b., sowie
unten unter D.4.b.
[96]
Staudinger-K. Schmidt, a.a.O. (Fn. 90), der sich immerhin im Sinne einer
eigentumsrechtlichen Institutsgarantie des Geldwertes ausspricht; vgl.
auch Kollhosser, Rechtsprobleme der Geldentwertung, JA 1983, 49, 55: Die
Eigentumsgarantie des Art. 14 GG vermöge den Bürger nicht gegen vermögensrechtliche
Schäden der Geldentwertung zu schützen (m.w.N. aus dem älteren Schrifttum);
Hahn, Währungsrecht, 1990, § 16, Rz. 56: Art. 14 GG eigne sich nicht
dazu, den Bürger vor inflationären Vorgängen zu schützen; ; Weikart,
Geldwert und Eigentumsgarantie, Baden-Baden 1993, S. 219 ff.: Art. 14 GG
erfasse nicht den wirtschaftlichen Tauschwert des Geldes; Depenheuer, a.a.O.
(Fn. 90), Rz. 162: Art. 14 GG könne nicht gegen die staatliche Geldpolitik
mobilisiert werden; ders. a.a.O., Rz. 161: Ein individuelles Grundrecht
auf stabile Währung könne es schon deswegen nicht geben, weil der Binnenwert
des Geldes "nur im Kontext mehrerer, einander divergierender wirtschaftspolitischer
Zielsetzungen gesteuert" werden könne. Diese Ansicht übersieht zwei Dinge:
Zum einen bezieht das GG mit Art. 88 S. 2, was die Währungspolitik der
Zentralbank angeht, nunmehr eindeutig Stellung zugunsten der Zielsetzung
der Geldwertstabilität. Zum anderen ist die Art. 109 II GG sowie § 1
S. 2 StabG v. 8.6.1967 zugrunde liegende Vorstellung eines "gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts" aus wirtschaftspolitischen Zielsetzungen (Stabilität des
Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht,
angemessenes Wirtschaftswachstum), die zueinander in Konflikt stehen, aus
volkswirtschaftlicher Sicht überholt (hierzu Teil I (Läufer),
C.2.).
[97]
Papier, Eigentumsgarantie und Geldentwertung, AöR 98 (1973), 528, 537
f.; vgl. auch Müller, Inflation und Steuern, DStR 1977, 59, 65: Die Verfassungs-
und Rechtsordnung (gemeint dürfte sein: Art. 14 GG) erlaube es dem Staat
nicht, "einer sich überhitzenden Inflation tatenlos zuzusehen, weil er
sonst die Wesensart des Rechts- und Sozialstaates verändern würde".
[98]
Siehe oben Abschnitt D.3.a.(1) ("Rechtsprechung des BVerfG").
[99]
Ebenso Herzog, Leitlinien und Entwicklungstendenzen der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts in Steuerfragen, StJB 1985/86, 27, 30 f.:
In die Richtung einer Tangierung von Art. 14 GG durch Steuerbescheide weise
(u.a.) die anerkannte Anwendung des Art. 14 GG durch das BVerfG bei "eklatanten
Eingriffen", denn die Frage, ob ein Vermögensrecht bestimmt ("identifiziert")
sei oder nicht, könne ja eigentlich nicht von der Schwere des Eingriffs
abhängen; ebenfalls kritisch zum Ausschluss der Geldleistungspflichten
aus dem Schutzbereich des Art. 14 GG Tipke, Steuerrechtsordnung, Köln
1993, Bd. 1, S.455: Diese Beschränkung ziele wohl nicht auf das "Ob",
sondern auf das "Inwieweit" des Eigentumschutzes; vgl. ferner Friauf, Steuergesetzgebung
und Eigentumsgarantie, Juristische Analysen 1970, 299, 302 f., der der
Argumentation des BVerfG Widersprüchlichkeit vorwirft.
[100]
Vgl. Herzog, a.a.O. (Fn. 95): Die gängige Argumentation, wonach sich Art.
14 GG nur auf einzelne Vermögensgegenstände, nicht aber auf das Vermögen
als solches beziehe, leuchte zwar begrifflich ein, werde aber nicht der
Wirklichkeit gerecht. Ein Steuerbescheid, der den Bürger erreiche, ziele
zwar nicht auf bestimmte Vermögensgegenstände. Der Steuerschuldner
habe es selbst in der Hand, welche Vermögensgegenstände er zur Bezahlung
seiner Schuld verwenden wolle. Wenn ihm der Staat aber eine von den möglichen
Verhaltensweisen konkret abverlangen wollte (und er tue es spätestens
im Beitreibungsverfahren), wäre Art. 14 GG ohne jeden Zweifel tangiert,
denn die für die Bezahlung der Steuerschuld jeweils verwendeten Vermögensgegenstände
seien von Art. 14 GG geschützt. Es sei nicht einzusehen, warum die für
eine Bezahlung der Steuerschuld in Betracht kommenden Vermögensgegenstände
nicht auch "gemeinsam" den Schutz des Art. 14 GG genießen sollten.
[101]
M/D/H/S-Papier, Art. 14 GG, Rz. 169, Stand: Mai 1994.
[102]
Abschnitt D.3. ("Steuern i.S. des Steuerstaates als (zulässiger oder unzulässiger)
Eingriff in die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie").
[103]
BVerfG 29.11.1989, BVerfGE 81, 108, 122, m.w.N.; vgl. auch BVerfG 25.9.1992,
BVerfGE 87, 153, 169, unter C.I.1.: Steuergesetze dürften keine "erdrosselnde
Wirkung" haben.
[104]
Vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. 3, Köln 1993, S. 456, 439, der
darauf hinweist, dass "Erdrosselung" weder Gesetzesbegriff noch wirtschaftswissenschaftlicher
Terminus ist.
[105]
BVerfG 22.7.1991, DStR 1991, 1278, unter 2.b.
[106]
BVerfG 25.9.1992, BVerfGE 87, 153, unter C.I.1.
[107]
BVerfG 22.6.1995, BVerfGE 93, 121, unter II.3.a.
[108]
Abschnitt D.3.a.(1) ("Rechtsprechung des BVerfG").
[109]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103), unter II.3.. Ablehnend das Sondervotum
von Richter Böckenförde, BVerfGE 93, 121, 149 ff., unter II.1., das sich
auf die bisherige, hier als verfehlt dargestellte Ansicht beruft, nach
der Geldleistungspflichten das Vermögen nur in einer unbestimmten ("unspezifischen")
Weise treffen und deshalb nicht von Art. 14 GG begrenzt werden.
[110]
BVerfG 22.6.1995, , a.a.O. (Fn. 103), unter II.3.d., unter Hinweis auf
das Reichsnotopfergesetz vom 31.12.1919 sowie das Lastenausgleichsgesetz
vom 14.8.1952.
Vorgezeichnet war diese Unterscheidung zwischen der Besteuerung von
Ertrag und Substanz bereits im Schrifttum. Vgl. Papier, Eigentumsgarantie
und Geldentwertung, AöR 98 (1973), 528, 558, allerdings ausgehend von
seinem Ansatz einer Differenzierung des Eigentumsschutzes entsprechend
dem Besteuerungsgegenstand (siehe oben D.3.b.) sowie auf der Grundlage
eines mittlerweile veralteten Begriffs der "Enteignung": Ein die Eigentumsbestandsgarantie
beeinträchtigender, d.h. zur Aufgabe der Eigentumssubstanz zwingender
Steuereingriff sei mit Art. 14 GG unvereinbar, weil Eingriffe in den Bestand
eines von Art. 14 GG geschützten Sachgutes grundsätzlich Enteignung bedeuteten
und deshalb zulässigerweise nur gegen Entschädigung erfolgen dürften
(Art. 14 III GG).
Vgl. auch P. Kirchhof, in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hb des Staatsrechts,
Bd. 4, Heidelberg 1990, § 88, Rz. 98 ff., der hinsichtlich des Schutzes
gegen übermäßige Besteuerung zwischen der Besteuerung des "Eigentumsgebrauchs"
(Art. 14 II 2 GG) und der Besteuerung bei der bloßen Innehabung von Eigentum
(Art. 14 II 1 GG) unterscheiden will. Der Steuerpflichtige sei eher bereit,
von einem soeben hinzuerworbenen Privatvermögen etwas abzugeben als von
dem ruhenden Eigentumsbestand, auf dessen unveränderte Verfügbarkeit
er sich eingerichtet habe. Besteuerungsgegenstand sei deshalb primär das
Einkommen und die Vermögensverwendung, weniger der Eigentumsbestand. Hier
handle es sich um eine in Art. 14 II GG angelegte Gewichtung der Besteuerungsarten
(Rz. 98). Die Verpflichtung des ruhenden Eigentums nach Art. 14 II 1 GG
sei nicht von gleicher Intensität wie die Sozialpflichtigkeit und
Steuerbarkeit des Eigentumsgebrauchs. Im übrigen rechtfertige eine Eigentumspflichtigkeit
keinen Eigentumsentzug. Der Steuergesetzgeber wahre die damit vorgebenen
Verfassungsgrenzen bisher dadurch, dass er die Bestandssteuern als Sollertragssteuern
ausgestalte (Rz. 102).
[111]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103), unter II.3.b. [Hervorhebungen durch
den Verfasser]; vgl. aus dem Schrifttum M/D/H/S-Papier, Art. 14 GG, Stand:
Mai 1994, Rz. 175: Eine Verletzung des Art. 14 GG ergebe sich bei "klaren
Substanzentziehungen"
[112]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103), unter II.3.b., insofern unter Verweis
auf die bisherige Rechtsprechung des BVerfG, BVerfGE 14, 221, 241; BVerfG
31.5.1990, BVerfGE 82, 159, 190.
[113]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103), unter II.3.c.; aus dem Schrifttum ähnlich
bereits M/D/H/S-Papier, a.a.O. (Fn. 107): Eine Verletzung des Art. 14 GG
ergebe sich bei ("klaren Substanzentziehungen" - siehe oben Fn. 107 - sowie
bei) "einer völligen oder nahezu völligen Wegbesteuerung der Nutzungserträge".
[114]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103), unter II.3.c. [Hervorhebungen durch
den Verfasser]; kritisch das Sondervotum von Böckenförde, BVerfG 22.6.1995,
BVerfGE 93, 121, 149 ff., unter II.2: Keinen Anhaltspunkt in Art. 14 I
1 GG oder anderen Vorschriften des GG finde die vom Senat aufgestellte
Maßgabe, nach der den Vermögensinhabern auch rund die Hälfte
der Erträge zu belassen sei. Der Senat setze "eigene, durch die Verfassung
nicht ausgewiesene Angemessenheitserwägungen". In einer solchen Vorgabe
liege eine ungerechtfertigte Begrenzung des Gesetzgebers.
[115]
BVerfG 25.9.1992, BVerfGE 87, 153, 175, unter C.I.1.; BVerfG Beschl. 20.8.1997,
HFR 1997, 937.
[116]
Anderes gilt dagegen für Verbrauchssteuern. Diese können, wie das BVerfG
jüngst (BVerfG 8.1.1999, BStBl II 1999, 152 = NJW 1999, 1098, unter B.II.1.)
klarstellte, ohne Verstoß gegen Art. 14 GG auf den Erwerb von Wirtschaftsgütern,
die der persönlichen Lebensführung dienen, erhoben werden. Das Gericht
habe in seiner früheren Entscheidung vom 22.6.1995 (oben Fn. 103) aus
dem Prinzip der eigentumsschonenden und freiheitsschonenden Besteuerung
nicht den Grundsatz der umfassenden Freistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens
von jeglichen Steuern abgeleitet.
[117]
Vorbereitet wurde diese Rechtsprechung von Paul Kirchhof bereits
im Jahre 1988; vgl. P. Kirchhof, Empfiehlt es sich, das Einkommensteuerrecht
zur Beseitigung von Ungleichbehandlungen und zur Vereinfachung neu zu ordnen
" Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag Mainz 1988, erschienen in München
1988, F 90: Die Freiheit zum Einkommenserwerb befähige den Erwerbenden,
seinen eigenen Finanzbedarf zu decken. Die Einkommensteuer dürfe diese
"Elementarfunktion des Privateinkommens" nicht gefährden, müsse deshalb
das für den Erwerber nicht frei verfügbare Einkommen verschonen. Insoweit
werde die prinzipielle Steuerbarkeit der Erwerbseinkünfte durch das Gegenprinzip
individueller finanzieller Belastbarkeit ("herkömmlich: Leistungsfähigkeitsprinzip")
eingeschränkt.
[118]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103).
[119]
List, Der Bundesfinanzhof und der Halbteilungsgrundsatz, BB 1999, 981 ff.,
m.w.N. zum Streitstand im Schrifttum (S. 983); demgegenüber bezogen auf
die Ertragsteuern lediglich von einer unverbindliche Meinungsäußerung
i.S. eines obiter dictum ausgehend FG Düsseldorf 5.11.1997, EFG
1998, 378; unentschieden die Revisionsentscheidung des BFH Beschl. 17.7.1998,
BStBl II 1998, 671. Selbst wenn man nur von einem obiter dictum ausgehen
sollte, verlieren die nachstehenden Ãœberlegungen nicht ihre Bedeutung,
denn deren Hauptinteresse betrifft ja die Frage, in welcher Weise das BVerfG
selbst auf eine Verfassungsbeschwerde gegen die europäische Inflationspolitik
in konsequenter Anwendung seiner eigenen Grundsätze zu reagieren hat.
[120]
Vgl. zum Stand der Diskussion um die Entscheidung BVerfG 22.6.1995 die
Nachweise bei Tipke/Lang, Steuerrecht, 16. A. 1998, § 4, Rz. 220 ff.
[121]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103), S. 149 ff.
[122]
Koalitionsvereinbarung zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
und Bündnis 90/Die Grünen vom 20.10.1998, unter III.2.: "Die neue Bundesregierung
wird eine Sachverständigenkommission einberufen, die die Grundlage für
eine wirtschafts- und steuerpolitisch sinnvolle Vermögensbesteuerung schaffen
soll." (im Internet unter http://www.bundesregierung.de/02/0203/020200/00.html#III).
[123]
Siehe Teil I (Läufer), A.3.b.(4) ("Die Inflationssteuer: eine Vermögens-
oder eine Einkommensteuer"").
[124]
Siehe Teil I (Läufer), A.3.c. ("Die Suche nach der relevanten Steuerbasis").
[125]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103), unter II.3.d.
[126]
Siehe oben unter D.2. ("Die Notwendigkeit einheitlicher Schranken für
alle Steuern i.S. des Steuerstaates").
[127]
Vgl. bereits BFH 27.7.1967, BFHE 89, 422, unter VI.2.: Von einem Eingriff
in die Substanz der Eigentumsgarantie könne (erst) dann gesprochen werden,
wenn die jährliche Geldentwertungsquote mindestens die Zinssätze für
langfristiges Sparkapital übersteigten.
[128]
Teil I (Läufer), A.4.g. ("Der Zeitpunkt der steuerlichen Belastung").
[129]
Teil I (Läufer), B.3. ("Die Kontrollierbarkeit der Inflation unter
den währungspolitischen Regelungen in der BR Deutschland und in der EWU").
[130]
Teil I (Läufer), A.1. ("Begriff und Messung der Inflation").
[131]
Teil I (Läufer), B.3. ("Die Kontrollierbarkeit der Inflation unter
den währungspolitischen Regelungen in der BR Deutschland und in der EWU").
[132]
Teil I (Läufer), A.1. ("Begriff und Messung der Inflation").
[133]
Teil I (Läufer), a.a.O. (Fn. 128).
[134]
Ähnlich schon BFH 27.7.1967, BFHE 89, 422, unter VI.2.: Das Gericht hält
für die grundrechtliche Betrachtung den Preisindex der Lebenshaltung für
entscheidend (m.w.N. aus dem wirtschaftlichen Schrifttum). Diesem Index
komme im Vergleich zu den übrigen gebräuchlichen Indizes der Güterpreise
"allgemeinere" (besser: einschlägigere) Aussagekraft zu.
[135]
So aber BFH 27.7.1967, BFHE 89, 422. unter VI.2., unter Berufung auf eine
im älteren geldtheoretischen Schrifttum vertretene Ansicht, wonach der
Geldwert nur eine relative Größe sei, die vor allem durch die Verwendungszwecke
des Geldes bedingt sei.
[136]
Teil I (Läufer), a.a.O. (Fn. 128).
[137]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103), unter II.3.c.
[138]
Z.B. Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, Gewerbeertragsteuer sowie Gewerbekapital
und Vermögensteuer, sofern letztere beiden entsprechend der rot-grünen
Koalitionsvereinbarung wieder eingeführt werden sollten (siehe oben Fn.
118).
[139]
BVerfG 22.6.1995, a.a.O. (Fn. 103), unter II.3.b. [Hervorhebungen durch
den Verfasser].
[140]
Entgegen der Einschätzung von Tipke/Lang, Steuerrecht, 16. A. 1998, §
4, Rz. 223, lässt sich aus dem Postulat des Halbteilungsgrundsatzes also
durchaus eine konkrete und generelle (d.h. dem Gebot der Typisierung
entsprechende) Bestimmung von Steuersätzen herauslesen.
[141]
Vgl. demgegenüber die ältere, unmittelbar zur rechtlichen Bedeutung der
Inflation ergangene Entscheidung BVerfG 19.12.1978, BVerfGE 50, 57, unter
III. (a.E.): Dort wird zwar die Frage, ob in der inflationsbedingten Entwertung
von Geldforderungen eine Verletzung des Art 14 GG liegt, offen gelassen,
es heißt aber im Hinblick auf die etwaige Anrechnungsfähigkeit von Inflationsverlusten
bei der Zinsbesteuerung, auf jeden Fall bestehe kein verfassungsrechtlicher
Anspruch darauf, dass der Staat einen Ausgleich der Geldentwertung gerade
durch Verzicht auf Steuereinnahmen herbeiführe. In dieser Aussage offenbart
sich, dass das BVerfG die Tatsache verkennt, dass Inflation nicht lediglich
zu einem Vermögensschaden des Bürgers, sondern auch zu einem Vermögenzuwachs
des Staates führt.
[142]
Vgl. Mann, Geldentwertung und Recht, NJW 1974, 1297, 130: Einkommensteuerrechtlich
sei der Schutz des Art. 14 GG vor einer "übermäßigen Belastung" ("extremer
Fall") durch die Zinsbesteuerung erreicht, wenn die Geldentwertungsquote
den Zinssatz für langfristige Kapitalanlagen übersteige (unter, unzutreffender,
Berufung auf BFH 27.7.1967, BFHE 89, 422, 442, wo die Frage der Anrechenbarkeit
der Inflation auf die Zinsbesteuerung gerade offen gelassen wird, und unter
Hinweis auf die angeblich allgemeine Meinung); vgl. auch Papier, Eigentumsgarantie
und Geldentwertung, AöR 98 (1973), 528, 560 ff., der sogar die Verfassungswidrigkeit
der die uneingeschränkte Besteuerung der Kapitalzinsen bestimmenden Normen
des EStG prüft und nur deshalb ablehnt (a.a.O., S. 565 f.), weil er den
Bürger primär auf "negatorische Rechtsbehelfe" gegen die Geldentwertung
verweist. Die Eigentumseingriffe bestünden schon in den die Geldentwertung
verursachenden staatlichen Maßnahmen und Verhaltensweisen und nicht in
der die Inflation nur vorfindenden öffentlichen Abgabenerhebung (a.a.O.,
S. 566).
[143]
Z.B. BFH 27.7.1967, BFHE 89, 422, unter IV.2.; aus dem Schrifttum z.B.
Stuhrmann, Ist die Besteuerung von Geldvermögenserträgen verfassungswidrig",
BB 1972, 1438, 1439; Mann (Fn. 138), NJW 1974, 1297, 1300 f.; Müller,
Inflation und Steuern, DStR 1977, 59, 67; Kollhosser, Rechtsprobleme der
Geldentwertung, JA 1983, 49, 55 f.; kritisch im Hinblick auf das steuerrechtliche
Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Kröger, Die ungerechte
Besteuerung der Kapitalzinsen nach ihrem Nennwert in der Inflation, JZ
1979, 631, 632 ff.; Papier, Rechtsprobleme der Inflation, JuS 1974, 477,
483 f., hält die Nominalität für ein (einfach-) gesetzlich vorgeschriebenes,
aber verfassungswidriges Rechtsprinzip. Die Verfassungswidrigkeit ergebe
sich aus einem Verstoß gegen die aus Art. 14 GG folgende Eigentumsinstitutsgarantie,
sofern die Zinsbesteuerung unter dem Eindruck der Inflation zu einer realen
Verminderung des Geldvermögens ("Substanzeingriffen") führe.
[144]
BFH 27.7.1967, BFHE 89, 422, unter IV.2.a., b; ebenso BFH 14.5.1974, BFHE
112, 546, unter B.I.1.b.; zum Nennwertprinzip bei der zivilrechtlichen
Geldsummenschuld, wonach grundsätzlich der Gläubiger das Risiko der Geldentwertung
trägt, vgl. Palandt-Heinrichs, 58. A. 1999, § 245, Rz. 9, m.w.N.. Die
Vorschrift des § 3 WährG, die die Möglichkeit abweichender Vereinbarungen
(Wertsicherungsklauseln) beschränkte, ist durch Art. 9 § 1 Euro-Einführungsgesetz
v. 15.6.1998 aufgehoben worden.
[145]
Vgl. BFH 27.7.1967, BFHE 89, 422, unter IV.2.b., VI., wo solche Verzerrungen
bis zur Grenze des Gleichheitssatzes (Art. 3 I GG) und des Sozialstaatsprinzips
(Art. 20 I, 28 I GG) in Kauf genommen werden.
[146]
Vgl. BVerfG 22.6.1995 (Fn. 107) speziell für die Gesamtbetrachtung von
herkömmlicher Vermögensteuer und "sonstigen Steuerbelastungen"; allgemein
zum Erfordernis einer Gesamtbetrachtung bei Steuerkumulierung P. Kirchhof,
in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hb des Staatsrechts, Bd. 4, Heidelberg
1990, § 88, Rz. 103: Zum Schutz gegen ein Übermaß der individuellen
Gesamtbelastung mache Art. 14 GG die zusätzliche Prüfung notwendig, ob
durch Addition der durch die verfassungsgemäßen Einzelsteuern begründeten
Belastungen eine Gesamtsteuerlast entstehe, die das Maß der Sozialpflichtigkeit
des Privateigentums (Art. 14 II GG) übersteige (unter Berufung auf BVerfGE
41, 1, 12; 48, 102, 114; 50, 58, 86).
[147]
Die zusätzliche Besteuerung des Vermögens durch die herkömmliche Vermögensteuer
ist unterhalb der Freibeträge ohnehin unzulässig.
[148]
Wie im folgenden noch zu zeigen sein wird, ist die isolierte Anfechtung
des herkömmlichen steuerrechtlichen Teils der Belastung (Steuerbescheid)
nicht nur der aus praktischen Gründen naheliegendere, sondern wegen §
90 II BVerfGG in Verbindung mit dem Fehlen eines europarechtlichen Rechtswegs
gegen den inflationssteuerrechtlichen Teil der Belastung auch der einzige
gangbare Rechtsweg.
[149]
BVerfG 12.10.1993, BVerfGE 89, 155, unter B.2.b.
[150]
P. Kirchhof, Verfassungsrechtlicher Schutz und internationaler Schutz der
Menschenrechte - Konkurrenz oder Ergänzung" Landesbericht Deutschland
für die IX. Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte, 10.-13. Mai
1993, Paris, EuGRZ 1994, 16, 36; ebenso ders., Die Wahrnehmung von
Hoheitsgewalt durch Mitgliedsstaaten und Gemeinschaftsorgane, HFR 1997
Beitrag 2, Seite II 2, http://www.rewi.hu-berlin.de/HFR/2-1997/Drucktext.html,
Abruf am 25.2.1999.
[151]
BVerfG 22.10.1986, "Solange II", BVerfGE 73, 339, unter II.1.e.
[152]
BVerfG 12.10.1993, a.a.O. (Fn. 145).
[153]
BVerfG 12.10.1993, a.a.O. (Fn. 145), unter Berufung auf BVerfG 22.10.1986,
a.a.O. (Fn. 148), S. 386.
[154]
BVerfG 12.10.1993, a.a.O. (Fn. 145), unter Berufung auf BVerfG 22.10.1986,
a.a.O. (Fn. 147), S. 387.
[155]
BVerfG 22.10.1986, a.a.O. (Fn. 147), S. 386, unter B.II.1.g.
[156]
Vgl. P. Kirchhof (Fn. 146), HFR 1997, Beitrag 2, Seite II 2, http://www.rewi.hu-berlin.de/HFR/2-1997/SeiteII2.html,
Abruf am 25.2.1999.
[157]
P. Kirchhof (Fn. 146), EuGRZ 1994, 16, 36.
[158]
Art. 3 des Beschlusses 88/591/EGKS/EWG/Euratom des Rates vom 24.10.1988.
[159]
Bleckmann, Europarecht, 6. A., 1997, Rz. 846.
[160]
Zum währungspolitischen Instrumentarium siehe Teil I (Läufer),
B.3. ("Die Kontrollierbarkeit der Inflation unter den währungspolitischen
Regelungen in der BR Deutschland und in der EWU").
[161]
Endler, Europäische Zentralbank und Preisstabilität, Stuttgart u.a.,
1997, S. 515; allgemein zur Notwendigkeit einer Rechtswirkung nach außen
Bleckmann, a.a.O. (Fn. 155), Rz. 844.
[162]
Vgl. allgemein die Analyse der EuGH-Rechtsprechung bei Sedemund/Heinemann,
Rechtsschutz im Gemeinschaftsrecht, DB 1995, 713 ff., 715 ff., 717 f.:
Danach ist die Frage, ob die angefochtene Maßnahme formell als Entscheidung
oder als Verordnung zu beurteilen ist, nicht immer ausschlaggebend. Auch
im Bereich der Untätigkeitsklage sei die Prüfung der Rechtsnatur der
begehrten Maßnahme bisweilen übergangen worden. Entscheidend werde bei
der Zulässigkeit der Nichtigkeits- wie auch der Untätigkeitsklage jedoch
auf die Kriterien der unmittelbaren und der individuellen
Betroffenheit abgestellt.
[163]
Bleckmann, a.a.O. (Fn. 155), Rz. 891, m.w.N. aus der Rechtsprechung des
EuGH.
[164]
Siehe Teil I (Läufer), A.1. ("Begriff und Messung der Inflation").
[165]
So zu Recht Endler, a.a.O. (Fn. 157), S. 515, für die Nichtigkeitsklage
von Rat, Kommission oder Mitgliedstaaten.
[166]
Zur Zulässigkeit der Untätigkeitsklage gegen die EZB, soweit sie von
anderen Gemeinschaftsorganen oder von Mitgliedsstaaten erhoben wird, siehe
Endler, a.a.O. (Fn. 157), S. 516 - 518.
[167]
EuGH 2.7.1974, RS 153/73, Holtz und Willemsen GmbH gegen Rat und Kommission,
EuGHE 1974, 675 ff.; Bleckmann, a.a.O. (Fn. 155), Rz. 912.
[168]
EuGH 28.4.1971, RS 4/69, Lütticke gegen Kommission, EuGHE 1971, 325, 336;
EuGH 2.7.1974, a.a.O. (Fn. 164), S. 693.
[169]
Vgl. EuGH 19.10.1977, RS 117/76 und RS 16/77, Ruckdeschel gegen Hauptzollamt
Hamburg-St. Annen, EuGHE 1977, 1753, 1771, wo Schadensersatz mit der Begründung
gewährt wird, es sei eine "begrenzte und klar umrissene Gruppe" von Unternehmen
betroffen.
[170]
Vgl. für die entsprechende Rechtslage vor Inkrafttreten des Maastrichter
Vertrages EuGH 13.12.1979, RS 44/79, Liselotte Hauer gegen Land Rheinland-Pfalz,
EuGHE 1979, S. 3727, Nr. 15 ff., unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung
der Versammlung, des Rates und der Kommission vom 5.4.1977, ABlEG 1977,
Nr. C 103, S. 1; ähnlich bereits EuGH 14.5.1974, RS 4/73, "Nold", EuGHE
1974, S. 491, 507.
[171]
Vgl. z.B. EuGH 19.6.1980, RS 41, 121 und 796-79, Vittorio Testa, Salvino
Maggio und Carmine Vitale gegen Bundesanstalt für Arbeit, EuGHE 1980,
1979, wo das Eigentumsrecht als Gemeinschaftsgrundrecht bezeichnet wird.
[172]
Gelinsky, Der Schutz des Eigentums gemäß Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls
zur Europäischen Menschenrechtskonvention: eine Analyse der Rechtsprechung
der Straßburger Organe, Berlin, 1996, S. 20 f., unter Hinweis auf Böckstiegel,
Die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts über Eigentumsentziehung,
1963, S. 24, und Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden
Völkerrecht, 1985, S. 170 f.
[173]
Gelinsky, a.a.O. (Fn. 168), S. 21, m.w.N.; ähnlich Peukert in: Frowein/Peukert
(Hrsg.), EMRK-Kommentar, 1985, Art. 1 des 1. ZP, Rz. 5: "Jede im Wirtschaftsleben
geschaffene vermögensrechtliche Position, die auf den legalen Einsatz
persönlicher Mittel und Fähigkeiten zurückgeht".
[174]
Peukert, a.a.O. (Fn. 169), S. 255, Rz. 3.
[175]
Z.B. Sunday Times gegen Großbritannien (1979), Serie A, Nr. 52 = EuGRZ
1983, 523 ff., Ziff. 59; Adolf gegen Österreich (1982), Serie A, Nr. 49,
EuGRZ 1982, 297, Ziff. 30.
[176]
Vgl. Gelinsky, a.a.O. (Fn. 168), S. 21 f.
[177]
Peukert, a.a.O. (Fn. 169), Art. 1 des 1. ZP, Rz. 42, Rz. 57.
[178]
Mit Wirkung ab dem 1.11.1998 ist das bisherige zweistufige Beschwerdesystem
mit Kommission und Gerichtshof durch einen einheitlichen und permanenten
Gerichtshof mit direktem Zugang für die Kläger ersetzt worden.
[179]
Vgl. Laule, Die Europäische Menschenrechtskonvention und das deutsche
Steuerrecht, EuGRZ 1996, 357, 361.
[180]
Beschw. Nr. 11189/84, D.R. 50, 121.
[181]
Laule (Fn. 175), EuGRZ 1996, 357, 362. m.w.N.
[182]
So die Einschätzung von Laule (Fn. 175), EuGRZ 1996, 357, 362.
[183]
Siehe oben unter D.2.
[184]
EuGH 13.12.1979 (Fn. 166), EuGHE 1979, 3727, Nr. 20 ff., 23; EuGH 17.10.1995,
RS C-44/94, The Queen gegen Minister of Agriculture, Fisheries and Food,
EuGHE 1995, I-3115, Rz. 55 f.
[185]
EuGH 21.2.1991, C-143/88 und C-92/89, Zuckerfabrik Süderdithmarschen AG
und Zuckerfabrik Söst GmbH gegen Hauptzollamt Itzehoe und Hauptzollamt
Paderborn, EuGHE 1991, I-415, Rz. 72, 74, zur durch EG-Verordnung Nr. 1914/87
eingeführten besonderen Tilgungsabgabe für Zucker.
[186]
So aber noch Bleckmann, Europarecht, 5. A. 1990, Rz. 296; inzwischen differenzierend
und die Unterschiede zur deutschen Grundrechtsdogmatik herausarbeitend
ders., 6. A. 1997, Rz. 107 ff., 587 ff.
[187]
Für die bisherige Rechtslage unter nationaler Währungshoheit musste der
nach Art. 19 IV 1 GG erforderliche Rechtsweg des einzelnen gegen eine inflationäre
Währungspolitik der Bundesbank notwendigerweise im Bereich der deutschen
Gerichtsbarkeit gesucht werden. Die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs
scheitert daran, dass keine der vier Fallgruppen des § 33 I FGO auf ein
Klagebegehren passt, das auf eine Änderung der Währungspolitik gerichtet
ist. Vielmehr dürfte der Verwaltungsrechtsweg einschlägig gewesen
sein (§ 40 VwGO), wobei die statthafte Klageart die Anfechtungs-, Verpflichtungs-
oder die allgemeine Leistungsklage war, je nach Art und Rechtsnatur der
im einzelnen beanstandeten bzw. beantragten währungspolitischen Maßnahme
der Bundesbank. Die besondere Klagebefugnis, die für alle drei genannten
Klagearten nach bzw. analog § 42 II VwGO erforderlich ist, war gegeben,
da mit dem Art. 14 GG die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend gemacht
wird. Als örtlich zuständiges Gericht kam das VG Frankfurt a.M. als Sitz
der Deutschen Bundesbank in Betracht (§ 52 II VwGO). Vgl. speziell zum
Rechtsschutz von Banken Kindermann, Die Anfechtung von kreditpolitischen
Beschlüssen der Bundesbank, 1974, S. 131 f.
[188]
Deshalb stellen die im folgenden erörterten Abgrenzungsschwierigkeiten
den hier vertretenen Ansatz von der Verletzung des Art. 14 GG durch die
Inflation(ssteuer) als solchen auch keineswegs in Frage.
[189]
Die Frage verkompliziert sich, wenn man den Inhaber einer ausländischen
Währung betrachtet, die mit der DM (bzw. dem Euro) über feste Wechselkurse
verbunden ist.
[190]
Siehe oben Fn. 183.
[191]
BVerfG 12.10.1993, "Maastricht", BVerfGE 89, 155, unter B.2.b.
[192]
Vgl. in derselben Frage die abweichende Formulierung des (am Maastricht-Urteil
beteiligten) Bundesverfassungsrichters P. Kirchhof (Fn. 146), EuGRZ 1994,
16, 36: Der deutsche Grundrechtsschutz wirke gegenüber "aller in Deutschland
ausgeübten Hoheitsgewalt" (möge sie auch "von inter- oder supranationalen
Organisationen veranlaßt" sein).
[193]
Siehe oben unter D.5.a.(5)(a) ("Ist für den einzelnen EU-Bürger der Rechtsweg
vor dem EuGH gegen Maßnahmen der Währungspolitik überhaupt eröffnet
?").
[194]
Siehe dazu, dass dies im Bereich des Eigentumschutzes gegenüber Steuern
noch nicht geschehen ist, oben unter D.5.a.(5)(c) und (d) ("Der Standard
des Eigentumsschutzes nach der EMRK" und "Der Standard des Eigentumsschutzes
nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts").
[195]
Vgl. für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Lösung
Deutschlands von der EWU und sogar der EU insgesamt BVerfG 12.10.1993,
a.a.O. (Fn. 187), S. 187 f., unter C.I.3.: Weil der wahlberechtigte Deutsche
sein Recht auf Teilnahme an der demokratischen Legitimation der mit der
Ausübung von Hoheitsgewalt betrauten Einrichtungen und Organe wesentlich
durch die Wahl des Deutschen Bundestages wahrnehme, müsse der Bundestag
auch über die Mitgliedschaft Deutschlands in der Europäischen Union,
ihren Fortbestand und ihre Entwicklung bestimmen; ähnlich P. Kirchhof
(Fn. 146), HFR 1997 Beitrag 2, Seite I 3, http://www.rewi.hu-berlin.de/HFR/2-1997/SeiteI3.html,
Abruf am 25.2.1999: Die vertragliche Grundlage einer deutschen Mitgliedschaft
in der EG bestimme auch Art und Dauer dieser Zugehörigkeit. Da der EGV
in Deutschland allein aufgrund des Zustimmungsgesetzes Rechtsverbindlichkeit
gewinne, bestimme der Bundestag über die Mitgliedschaft Deutschlands in
der EG, ihren Fortbestand und ihre Entwicklung. Zur völkerrechtlichen
Zulässigkeit eines Austritts bzw. einer (im praktischen Ergebnis austrittsgleichen)
Suspendierung der Mitgliedschaft in der EWU siehe Endler, a.a.O. (Fn. 157),
S. 537-539, m.w.N.
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